24 Romane und Kurzgeschichten aus dem Bereich der SF und Fantasy stehen dieses Jahr auf der Nominierungslieste. der HUGO-Awards, dem weltweit maßgeblichen Publikumspreis in diesem Bereich.
Dieser Artikel gibt eine Übersicht und beschreibt alle Kandidaten.

Der Artikel ist in den ANDROMEDA NACHRICHTEN des Science Fiction Club Deutschlands e.V. erstmalig erschienen.


Die HUGOS 2021

Wie in jedem Jahr werden auch 2021 wieder die HUGOS für die beste SF und Fantasy (in der angloamerikanischen Welt) vergeben.
Ich habe die Kandidaten des Romanumfelds allesamt gelesen, und möchte Euch hier einen völlig subjektiven Überblick meiner Erkenntnisse geben.
Ich beschäftige mich dabei mit den 4 Kategorien, die sich von Roman bis Kurzgeschichte bewegen (Novel, Novella, Novelettes und Short Story). Die vielen anderen Kategorien bleiben hier unbeachtet.
Der HUGO werden seit 1953 fast ohne Unterbrechung jedes Jahr auf dem jeweiligen Worldcon verliehen, und sind der angesehenste SF- und Fantasy-Publikumspreis (Sogar Google bietet eine eigene Factbox zum HUGO und seine aktuellen Kandidaten und Preisträger). Dabei handelt es sich genau genommen um den Preis einer engeren Fangemeinde, sind doch nur die Teilnehmer (bzw. Supporter) des jeweiligen World-Cons stimmberechtigt.
Natürlich ist der HUGO nicht der einzige seriöse Preis in diesem Genre. Mindestens so relevant ist der von der amerikanischen SF- und Fantasy Autorenvereinigung verliehene NEBULA-Award ? aber der Öffentlichkeit sind eher die HUGOs geläufig.
Interessant ist natürlich immer der vergleichende Blick auf die Nominierungen und die Gewinner beider Preise. So spannend wie gemeinsame Gewinner sind auch die sehr interessanten Unterschiede. Doch das ist Stoff für einen eigenen Artikel.
Bis zum Beginn des Internetzeitalters waren die HUGO-Preise eine geheimnisvolle Angelegenheit. Wer nicht angelsächsische Fanzines abonniert hatte, erfuhr teilweise erst mit jahrelanger Verzögerung Details über die Preisträger und ihre unterlegenen Mitbewerber.
Die prämierten Preisträger zeitnah zu lesen, war fast unmöglich. Vor dem Internet war es ein echtes Abenteuer, an die Originale überhaupt heranzukommen. Zwar wurde man in den Siebzigern und Achtzigern durch manchen Fachversand unterstützt (?Transgalaxis? ?), aber bis zur Übersetzung der Gewinner dauerte es dann doch teilweise wieder Jahre.
Internet, Amazon und Ebooks machen dies alles anders. Man kann weltweit an der Nominierung teilnehmen, und (fast) alle Texte werden als eBook in einem Voting-Package bereitgestellt, so dass man tatsächlich in der Lage ist, sich eine Übersicht über die Kandidaten zu verschaffen.

Eine grundsätzliche Einschätzung zu den diesjährigen Kandidaten

In manchen Jahren gibt es atemberaubende Kandidaten. Autoren und Romane, die die SF oder Fantasy auf Jahre mit ihren neuen Ideen oder Themen prägen. Man denke nur an Preisträger wie "Neuromancer", an "Morgenwelt?"oder "Der ewige Krieg". Oftmals ist es nur ein einzelner funkelnder Diamant, der den Jahrgang prägt, aber manchmal gibt es so viele preiswürdige Kandidaten, dass man gar nicht weiß, wem man zuerst seine Punkte geben soll.
Um es vorwegzunehmen: Die Kandidaten 2021 bieten weder noch.
Tatsächlich hat man den Eindruck, dass fundamentale neue Ideen in diesem Jahr nicht auf dem Plan stehen. Weder bei den Romanen, noch am anderen Ende der Leiter, bei den Short Stories. Viel gute Qualität ist auf der Shortlist gelandet, aber das brillante Juwel scheint mir dieses Mal nicht dabei zu sein. Gerade im Bereich der Kurzgeschichten, wo man als Autor mit einer wirklich neuen Idee begeistern und auf sich aufmerksam machen kann, ist eher hochwertiger Durchschnitt zu finden.
Aber, und das möchte ich auch klar sagen, auch keine qualitativen Ausreißer nach unten, die in vergangenen Jahren manchmal die Kandidatenliste verunstaltet haben (ich denke da an die pornografischen Dinosauriergeschichten, die zwei Jahre lang in der Shortlist auftauchten).

Coronabedingte Siegerpräsentation dies Mal erst im Dezember

Ein Novum ist der Zeitpunkt der Verleihung der diesjährigen Hugos. Traditionell immer auf dem jährlichen Worldcon stattfindend, ist durch die Verlegung des DisCon III in Washington DC in den Dezember (15. bis 19.12.) auch die Preisverleihung ein halbes Jahr später angesiedelt. Die Endefrist für die Abstimmung wurde entsprechend verlängert und auf den 19. November gelegt, so dass man sich die Kandidaten tatsächlich noch mal genauer ansehen und bei Spaß an der Freude mit abstimmen kann.

Was sind die aktuellen Trends?

Die Hugos sind traditionell ein Spiegelbild der Themen, die in der amerikanischen Gesellschaft im jeweils vergangenen Jahr eine Rolle spielten. Die Vereinigten Staaten sind für Deutschland und weite Teile der westlichen Welt eine Form der Leitkultur, so dass die dort aufgegriffenen Themen, manchmal mit einer kleinen Verzögerung, ihren Weg auch in die nationalen SF- und Fantaasy-Themen finden.
So spiegelte sich der Einfluss der Antivietnamkriegs- und der Hippie-Bewegung in den sechziger und siebziger Jahren schnell in den Themen der Kandidaten für die HUGOS wieder.
Diese neu aufkommenden Themen finden sich am schnellsten und in ihrer direktesten Form in den Kurzgeschichten oder den Novelettes wieder ? hier lassen sich Themen ja quasi tagesaktuell ganz schnell in neue Ideen für die SF und Fantasy umsetzen.
Die echten Bücher, also Novel und Novella, hinken da vom Entstehungsprozess und den dahinter steckenden gedanklichen Strukturen oftmals hinterher. Wie ein dicker Öltanker brauchen die Autoren hier meist länger, um ein neues Thema, insbesondere bei gesellschaftlichen Themen, in eine adäquate und lesenswerte Romanform zu bringen.
Was man dabei nie vergessen sollte: Die Kandidaten sind nur eine kleine Auswahl der Erscheinungen in diesem Literaturgenre, und die zur Auswahl stehendenden Kandidaten sind durch einen Filter der zur Verfügung gestellten Vorschläge gegangen. Manches (auch im Verkauf erfolgreiches) fällt da auch mal unter den Tisch.

SF und Fantasy leben von Themen. Dies können typische SF-Themen sein, wie z.B. in letzter Zeit KI oder die Genmodifikation, oder aber aktuelle gesellschaftliche Themen werden zu ihrer Diskussion und Betrachtung in SF und Fantasywelten exportiert.
2021 (also 2020 veröffentlicht) scheint ein typisches ?Wir-haben- gesellschaftliche-Themen? ? Jahr zu sein. Und wie zu erwarten, schlagen diese Ideen besonders bei den kürzeren Produkten thematisch voll durch:

Die gesellschaftlichen Themen

1. Feminismus, Gleichberechtigung, Gender
Die Thema Gender und Feminismus liegen in allen Facetten bei den Kandidaten vor. Diese Themen sind gepaart mit einer jetzt schon seit Jahren immer größeren und überraschenden Asymmetrie: Von 24 Autoren der Literaturpreise bei den Hugos sind nach meiner Zählung 21 weibliche Autoren, und nur 3 männliche (Zu diesem speziellen Themen noch eine Anmerkung weiter unten.
Gender ist ein ganz großes gesellschaftliches und intellektuelles Thema in den USA (wie ja auch bei uns), und natürlich findet es sich mehr oder weniger gelungen in den zur Auswahl stehenden Werken wieder.
Man könnte ein wenig boshaft sagen: Keine Nominierung ohne wenigstens eine Haupt- oder Nebenfigur, die trans oder queer ist, so auffallend häufig taucht das Thema aktuell in den Kurzgeschichten auf. Das ist verständlich, wenn man die diesbezügliche gesellschaftliche Diskussion verfolgt, gerade auch in Literaturkreisen. Allerdings, das möchte man auch sagen, es kann schon ein wenig nachdenklich machen, wenn die Erwähnung so gar keine Relevanz für den Handlungsbogen zu haben scheint. Eine Trans-Person im Plot auftauchen zu lassen, nur damit man sagen kann, dass man sich dieses Themas angenommen hat, scheint mir dann doch ein wenig arg in die Richtung ?gut gemeint? zu gehen.
Auf der anderen Seite müssen Autoren solche Themen ja auch abarbeiten und mit ihrer Ausprägung experimentieren können, so dass zu hoffen ist, dass sich das Thema im Lauf der Zeit auf ein vernünftiges Maß einpendeln wird.
Auffallend ist im Übrigen eine sprachliche Besonderheit, die in den letzten Jahren immer mehr zugenommen hat, und die jetzt im angelsächsischen fast Mainstream ist:

Die genderunabhängigen Pronomen: ein Exkurs
In der englischen Sprache ist das Geschlecht der Substantive ein Tatsächliches: Wann immer ich mich auf eine Sache beziehe und sie referenziere, sind männliche Personen auch grammatikalisch männlich (his shirt), Frauen weiblich (her trousers), und Sachen sind (vom Roboter bis zum Hund) grundsätzlich sächlich (its mechanical brain).
Das ist anders als in vielen anderen Sprachen, zum Beispiel im Deutschen, wo das Geschlecht grammatikalisch ist, also den Personen und Dingen oftmals absolut willkürlich zugeordnet ist: Der Angestellte, die Spinne, das Kind, der Großplanet, die Sonne etc.
Und da der bestimmte Artikel im englischen statt der/die/das immer in neutrales the ist, spielen viele aufgeregte Diskussionen, die bei uns über den gendergerechten SprachgebrauchInnen gemacht werden, im englischen weniger eine Rolle.
Nur bei den Pronomen kommt auch das Thema im englischen wieder auf (the dog and its bone, the man and his trousers, the woman and her sword.
Während also im Deutschen die Aussage ?der Puppenspieler spielt mit seiner Marionette? keine eindeutige Aussage zulässt, ob es sich bei dem Puppenspieler um eine Frau oder einen Mann handelt, oder man es vielleicht gar nicht wissen kann, gibt es im Englischen das Problem, das es umgekehrt keine Möglichkeit gibt, das Geschlecht einer Person unbestimmt zu lassen, weil man es einfach nicht kennt oder weil man es bewusst offen lassen möchte.
Deshalb gibt es im englischen schon seit Jahrhunderten verschiedene Konstrukte, dies mit künstlichen grammatikalischen Hilfsmitteln auszudrücken. Emily Dickinson verwendete hierfür das Plural-?they/their?, wenn man sich auf ein Person unbekannten Geschlechts beziehen möchte. The Puppet-Master and they Puppet.
Ich war überrascht, in wie vielen der Texten in diesem Jahr diese Art der Konstruktion (auch mit anderen Varianten) auftaucht ? was mir in früheren Jahren nur selten untergekommen ist, in der SF/Fantasy aber zum Mainstream geworden zu sein scheint.

2. Black-Live-Matters und deren Folgen
Die Frage des Zusammenlebens von weißen, farbigen oder schwarzen Bürgern der USA, verbunden mit der Frage von Polizeigewalt und der tristen Lebenswirklichkeit der Nachkommen ehemaliger Sklaven, war und ist das ganz große Thema in den Vereinigten Staaten. Black-Lives-Matter wühlt die amerikanische Nation auf, spaltet die Politik und verschärft einen schon lange bestehenden Konflikt zwischen verschiedenen immer weiter auseinandertriftenden Teilen der Gesellschaft.
Wie nicht anders zu erwarten, auch ein Thema bei den aktuellen HUGO-Kandidaten.
Dabei mag es die fast satirische Handlung von Zombies, die wie Ku-Klux-Clan Mitglieder aussehen, noch der gewohntere Umgang mit diesem Thema sein.
Tochi Onyebuch?s ?Riot Baby?nimmt dabei eine Sonderrolle ein. Das Thema selbst ist ein Mix aus bekannten Stilelementen. Die Protagonisten, ein farbiges Geschwisterpaar wachsen in Ghettos auf, die Schwester ist mit übernatürlichen Fähigkeiten versehen, die es ihr erlauben, die Realität zu beeinflussen oder auch alternative Welten aufzusuchen. Der Junge wird von klein auf mit Rassismus der Gesellschaft, und insbesondere der Sicherheitskräfte, konfrontiert, gerät in seiner Jugend mit dem Gesetz in Konflikt und landet im Gefängnis.
Was an diesem Roman neu ist, ja geradezu erschreckend, ist die Sichtweise der beiden Geschwister auf die amerikanische Gesellschaft (die, wie ich vermuten würde, auch die Meinung des Autors widerspiegelt). Eine Teilhabe und Gleichberechtigung an dieser Gesellschaft ist für die Schwarzen-Community gar nicht möglich. Institutionalisierte Gewalt auf der einen Seite, und ein völliges Unverständnis der weißen Mittelschicht für ihren persönlichen Rassismus gegenüber den Nichtweißen.
Nicht mehr Martin Luther Kings Wunsch der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft ist die erstrebte Lösung, sondern die Ablehnung dieser Gesellschaft. Stattdessen eine Welt und eine Gesellschaft für die Schwarzen allein.
Diese Idee hat gesellschaftliche Sprengwirkung, es steht aber zu vermuten, dass diese Meinung inzwischen in weiten Kreisen der radikaleren schwarzen Community geteilt wird. Was die Konsequenzen für ein Zusammenleben sein könnten, bleibt offen. Aber sicherlich keine guten.

SF oder Fantasy?
Was gerne vergessen wird: die HUGOS sind SF und Fantasy-Preis gleichermaßen. Das ist ja durchaus sinnvoll, ist doch die Unterscheidung in die zwei Genre nicht immer leicht zu treffen. Dieses Jahr geht die Majorität der Kandidaten (wieder) an die Fantasy-Fraktion. Die HUGOs hatten schon immer einen nicht zu unterschätzenden Anteil an echter Fantasy, doch in den letzten Jahren ist ihr Anteil bei den Nominierten und den Preisträgern immer weiter gestiegen.
Es mag damit zusammenhängen, dass echte neue Themen in der Science Fiction sich aktuell nicht abzeichnen, und der Themenbereich ?künstliches Bewusstsein und künstliche Intelligenz? bereits sehr breit abgearbeitet wurde. Wo bleiben die wirklich neuen Themen der SF? Körpermodifikation und Enhancements schienen in den letzten Jahren ein neuer Ansatz zu sein, die Auslotung der Fragestellung, wo der Mensch sich hin entwickelt, eben nicht nur technisch, sondern auch biologisch und auch geistig, schien eine Basis für ganz neue Handlungsstränge zu werden.
Doch die Autoren (und vielleicht auch die Leser) haben offensichtlich Probleme, die identifizierende Verbindung zu Hauptfiguren aufrecht zu erhalten, die aufgrund ihrer Modifikationen auch in ihren Gedanken und Gefühlen nicht mehr im eigentlichen Sinn menschlich sind (?This Is How You Loose The Time War? im letzten Jahr war eine solche Gradwanderung, die aber trotzdem mit einem geradezu brav/gewöhnlichen Schluss endete: Die Liebe bleibt des Menschen gemeinsames Element). Erzähle ich nicht mehr über Menschen, erzähle ich gar nichts mehr. Schade. Wir alle hoffen auf neue interessante SF-Themen.

Die Welle der Mehrteiler
Liegt es an unserer so schnell ändernden Welt, dass als Gegenbewegung in den letzten Jahren immer öfters Mehrteiler nominiert und prämiert wurden und damit den Wunsch nach Kontinuität bedienen? Und damit nicht nur die Leichtvariante der ?Universe?-Romane, die in einem eigenen Handlungsuniversum spielen und nur lose miteinander verbunden sind (Mary Robinette Kowahls alternatives Handlungsuniversum mit den Lady Astronaut-Romanen, auch in diesem Jahr als Kandidat vertreten, ist dafür ein Beispiel), sondern die tatsächlich inhaltlich aufeinander aufbauen.
Und allein im Bereich der Novel liefern Tamsyn Muir, Martha Wells, Rebecca Roanhoarse und N.K. Jemesin tatsächlich echte Mehrteilern ab.
Nun, auch Autoren müssen von etwas Leben, und ein erfolgreicher Mehrteiler ist für mehre Jahre eine sichere Einnahmequelle. Das es manchen Büchern (wie Filmen gleichermaßen) gut tun würde, wenn ihr Ende wirklich ihr Ende bleiben würde, ist eine schon lange beklagte Binsenweisheit. Aber so extrem wie dieses Jahr war es schon lange nicht mehr gewesen.
So lange das Buch für sich lesbar bleibt, geht das in Ordnung und ist preiswürdig. Aber das ist ein schmaler Grat, der leicht überschritten wird. Und das geht für einen HUGO-Preisträger meines Erachtens gar nicht.

Gibt es noch männliche Autoren?
Wir lassen jetzt einmal alle Diskussionen und Überlegungen zu nichtbinären Geschlechtszugehörigkeiten beiseite, ich möchte hier explizit vereinfachen. Rein biologisch betrachtet geht der seit ein paar Jahren zu beobachtende Trend (auch in den anderen Sparten der Hugos) einer Feminisierung der SF/Fantasy ungebrochen weiter:
Die Kandidaten für die HUGOs sind fest in Frauenhand.

Eigentlich ist das etwas, was beim Lesen von Literatur nicht zuförderst interessieren sollte. Doch da es in der Vergangenheit eben ganz anders gewesen ist und weibliche SF-Autoren entweder gar nicht veröffentlichen konnten, oder es unter männlichen Pseudonymen gemacht haben, ist es doch sehr erwähnenswert.
Die Zahlenverhältnisse sind wie schon im vergangenen Jahr so extrem, dass man sie schon mal erwähnen und hinterfragen kann:
Von 24 Kandidaten in den 4 Gruppen sind 21 Frauen. Nur 3 Männer haben es geschafft, mit Produkten in die Short Lists aufgenommen zu werden.
In der Hauptkategorie Novel sind tatsächlich ausschließlich weibliche Preiskandidaten vertreten, das gleiche gilt für den Bereich Novelettes.
Schon im letzten Jahr war diese Entwicklung auffallend, doch mit dem Thema Feminismus ergibt dies einen neuen, durchaus spannenden Blickwinkel auf aktuelle gesellschaftliche Probleme. Gerade bei Themen wie Sexualität, Gewalt oder Gleichberechtigung finden sich in den Geschichten dann immer wieder ungewöhnliche oder Überraschende Betrachtungsweisen und Blickwinkel, bei denen auch gerade für die männlichen Leser deutlich wird, dass Einordnungen und Wertungen zwischen den Geschlechtern nicht deckungsgleich sein müssen.
Weil es eben auch persönliches Erleben und Betroffenheit beinhaltet, und nicht nur den neutralen, desinteressierenden Blickwinkel des männlichen Autors. Spannend.
Ich finde das insofern trotzdem überraschend, weil gerade im SF- und Fantasy-Bereich es eigentlich immer noch klagender Con-Small-Talk ist, dass Autorinnen unterrepräsentiert und in der Branche benachteiligt sind. Für die Fantasy hat so etwas ja nie so wirklich gegolten, aber für die SF scheint sich hier in der aktuellen Autorengeneration ebenfalls ein Wandel einzustellen.
Freuen wir uns also über diesen Ausweis einer offensichtlichen Gleichberechtigung, bei der es interessant zu beobachten sein dürfte, ob und wann das Pendel wieder zu einer Gleichverteilung ausschlägt.
Und weil es so schön ist, noch eine Schlussanmerkung als Fun Fact hinterher:
Der sprichwörtliche auch in der SF beklagte ?alte weiße Mann? als Autor (im Übrigen selbst ein ultimativ sexistisch und rassistischer Begriff) ist heuer im Kandidatenfeld gar nicht zu finden. Selbst wenn man mit dem Wörtchen ?alt? sehr großzügig umgeht, gibt es im Reigen der Autoren tatsächlich nur einen einzigen Autor, der immerhin als männlich und weiß durchgehen würde: John Wiswell, gerade frisch gebackener Nebula-Gewinner für ?Open House on Haunted Hill?. Doch von ?alt? kann hier gar keine Rede sein.

Nominierung und Gewinner
Die Verfahren zur Nominierung der Kandidaten und die Ermittlung der Sieger wurden im Verlauf der letzten Jahrzehnte immer wieder verändert, angepasst oder ergänzt.
Vereinfacht gesagt: Jeder der an einem Worldcon als Besucher oder Unterstützer (?Supporter?) Geld investiert hat, darf im jeweiligen Jahr Bewerber für die Vorschlagsliste melden, mitstimmen und im nächsten Jahr wieder neue Kandidaten benennen.
Ein Vergehen, dass schon ein wenig den Fokus auf den engagierten SF-Fan legt. Wir sprechen hier typischerweise von etwa 1.000 Vorschlagsstimmen und einer vergleichbaren Zahl von Stimmabgaben für die Ermittlung des Gewinners. Man kann mehr als einen Kandidaten je Sparte vorschlagen, und so kommen zum Beispiel bei den Kandidaten der Romane dieses Jahr zwischen 130 und rund 300 Stimmen je Buchkandidat zusammen (die Reihenfolge bei den Vorschlägen wird für die Abstimmung nicht bekanntgegeben.) Die anderen Vorschläge sind dabei meist weit gestreut.
Bei der Stimmabgabe haben die Stimmberechtigten die Möglichkeit, mehr als einen Preisträger anzugeben. Bis zu 6 der Kandidaten können genannt werden, in der gewünschten Reihenfolge.
Das aktuelle Wahlverfahren zur Ermittlung der Stimmen ist in den letzten Jahren eingeführt worden und berücksichtigt in einem mehrstufigen Verfahren auch die Romane, die man in seiner Stimmabgabe auf die hinteren Plätze gesetzt hat.
Wenn ein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen auf Platz 1 erreicht, ist er gewählt. Bei 6 Kandidaten ist dies eher selten der Fall, so dass in einem Streichverfahren der schlechteste Kandidat ausscheidet und bei denen alle Teilnehmer, die diesen auf dem ersten Platz gesehen haben, deren Stimmen für den zweiten Platz den entsprechenden verbleibenden Kandidaten zuaddiert werden. Das wird so lange wiederholt, bis der Sieger feststeht.
Das Verfahren verhindert unter anderem, dass die Fokussierung einer Gruppe von Personen auf genau einen Titel zu einer Bevorzugung bei der Bewertung gegenüber einer größeren Anzahl von Personen führt, die (in unterschiedlichen Reihenfolge) mehrere Titel auf die ersten Plätze setzt.
Eigentlich eine gute Überlegung, bei der allerdings ein Nebeneffekt ist, dass ohne Computerprogramm die Ergebnisse oftmals gar nicht mehr nachvollziehbar sind, zumal es schon öfters passiert ist, dass ein Kandidat mit den relativ meisten Erststimmen im Streichverfahren dann doch nicht gewonnen hat.
Leider hat das Ganze ein G?schmäckle, wie der Schwabe sagen würde, weil das Verfahren ganz bewusst eingesetzt worden ist, um den Erfolg von Buchkandidaten der ?Sad Puppy? Gruppe zu verhindern. Es ging hier in den letzten Jahren um eine Gruppe von Autoren und Lesern, die sich vehemment darüber beklagt haben, dass sie wieder mehr Romane lesen wollen, bei denen nicht Diversität, Behandlung von Minderheiten oder sexuelle Identität im Vordergrund steht. Bitte mehr Hard-SF. Dieser Disput wurde mit einer für uns in Deutschland überraschend radikalen und unnachgiebigen Diskussionskultur geführt, und fand seinen Niederschlag im Versuch der ?traurigen jungen Hunde?, durch taktisches stimmen bestimmte SF-Romane mit klassischen Themen in die Gewinnerliste der HUGOS zu bringen.
Durch die Wahlrechtsreform sollte dies der Gruppe unmöglich gemacht werden, und die Fokussierung auf wenige Romane führt nicht mehr zu einem automatischen Gewinn.
Ob das als demokratisches Vorgehen bezeichnet werden kann, muss jeder für sich selbst entscheiden.


Die HUGO-Kandidaten 2021
Schauen wir uns jetzt endlich mal die Kandidaten im Einzelnen an. Ihre Nennung erfolgt alphabetisch nach dem Titel.

Eine paar kleine Anmerkung vorneweg:
Eingeschränkter Spoiler-Alarm! Natürlich erfahrt Ihr etwas über die einzelnen Romane und Geschichten. Wem das grundsätzlich die Lesefreude beeinträchtigt, sollte hier aufhören zu lesen. Das Folgende sind explizit keine Buchrezensionen, sondern nur ein Überblick und Anmerkungen zu den nominierten Kandidaten. Ich werde also nicht den Schluss vorwegnehmen oder die für den Leser bereitstehende Überraschungen der Handlungen preisgeben.
Meine Wertungen sind (logischer Weise) subjektiv, und nicht immer repräsentativ für den Rest der Fangemeinde. Auf der anderen Seite waren meine persönlichen Favoriten sehr oft auch auf den HUGO-Gewinnerlisten vertreten, so dass die Leser davon ausgehen dürfen, dass meine Meinung nicht völlig abwegig ist.
Und eine letzte Bemerkung: Meine Kommentare beziehen sich immer auf die englischsprachige Ausgabe (zumeist als Kindle-Edition), auch wenn der Roman oder die Geschichte bereits ins Deutsche übersetzt worden ist. Gerade bei Romanen, die mit der Sprache spielen, oder bei denen über Duktus und Formulierung ein bestimmter Effekt erzeugt werden soll, hängt für den Leser der deutschen Übertragung viel vom Können des jeweiligen Übersetzers ab. Meist funktioniert das gut, aber manchmal kann es auch katastrophal daneben gehen. Als Beispiel mag die enttäuschende Übersetzung des Novella Hugo-Gewinners von 2013, Brandon Sandersons ?The Emperor?s Soul? gelten, bei der die Übertragung in die deutsche Sprache meiner Ansicht nach die Feinheiten der Stimmung und Sprache des Buches völlig vermissen ließ.
Nun gut, starten wir mit der Kategorie

*** Best Novel ***
Romane mit mehr als 40.000 Wörtern (Vereinfacht gesagt: Dicker Roman)
1093 Teilnehmer haben 441 Nominierte vorgeschlagen (Mehrfachnennungen sind möglich). Für die 6 Finalisten wurden zwischen 309 und 132 Stimmen abgegeben.


Black Sun von Rebecca Roanhorse (Gallery / Saga Press / Solaris)
Klassische Fantasy mit Anleihen aus den südamerikanischen und afrikanischen Mythen. Spannend geschriebene Handlung um eine Stadt, in der die Machtbalance verschiedenen Häuser die Stabilität garantiert, und bei denen zur großen Sonnen Finsternis die Rache eines uralten verbannten Gottes die jetzigen Machthaber und ihre Götter hinwegfegen soll. Die Geschichte beschreibt die Handlungen des Attentäters und verschiedenen anderer Protagonisten bis zum großen Tag.
Gut geschrieben und durchaus ein preiswürdiger Kandidat für mich (weil echt interessant und spannend), wenn ich mich nicht über etwas anderes geärgert hätte:
Angekündigt als Mehrteiler, hat dieser Roman einen derartigen Cliffhanger, dass es dafür eher den Preis einer gelungenen Marketingaktion für die Verkaufsanbahnung des zweiten Bandes geben sollte, statt einem Hugos. Ein Roman sollte schon für sich allein gelesen werden können, um mit der Krone des besten Romans gekürt zu werden.
Und da wäre noch der etwas billige Trick, im Buch den Ex-Liebhaber einer Protagonistin mit einer geschlechtsunbestimmten Form zu betiteln. Das aber als einzige Person im ganzen Roman, so dass völlig klar ist, was da am Schluss kommen muss: Ist gar kein Mann, sondern eine Frau.
Damit hat man das Check-Out Häckchen ?nichtheterosexuelle Liebe? auch noch gesetzt, obwohl es beim besten Willen keinerlei erkennbare Rolle im Roman spielt.

The City We Became von N.K. Jemisin (Orbit)
N.K. Jemisin ist als Autorin ein Phänomen und wohl die führende Figur im Bereich der Science Fantasy in der letzten Dekade. Als bisher einzigem Autor gelang es ihr, 3 Jahre in Folge mit den Bänden ihrer ?Broken Earth?-Trilogie jeweils den HUGO zu gewinnen. Sie bewegt sich in einem Grenzland zwischen SF und Fantasy, was die New York Times gerne als ?Speculative Fiction? bezeichnet.
Ihr nominiertes Buch ist der erste Band einer neuen Trilogie und definitiv Fantasy. Es ist eine Geschichte der großen Städte. Sie haben ein eigenes Leben, aber sie haben auch Feinde, die sie zerstören und zu Grunde richten möchten.
Die großen Städte haben aber auch Menschen, die für Ihre Stadt leben und sie beschützen, ihren Geist bewahren und gegen ihre Feinde kämpfen. Dieser erste Band des Dreiteilers spielt in New York und handelt von dieses fünf Beschützern.
Gewohnt gut geschrieben, und mit einer durchaus spannenden Handlung. Für mich erreicht sie nicht die Qualität der Broken Earth Romane, und ich wurde auch nicht so in den Bann gezogen. Hohe Qualität, persönliche 5 von 6 Sternen.


Harrow The Ninth von Tamsyn Muir (Tor.com)
Die nächste Trilogie. Band eins war schon im letzten Jahr als ?Gideon The Ninth? auf der Kandidatenliste, und Band zwei folgt in diesem Jahr.
Die Neuseeländerin Tamsyn Muir verfasst hier einen weiteren Science Fantasy Roman, der sich in der Tradition einer angelsächsischen Gothic-Novel mit einem lovecraft?schen Sprache bewegt und der viel für seine sprachlichen Stil gelobt wird.
Das kommt bei mir nicht so an (vielleicht fehlt mir aber auch das Gespür für die linguistischen Feinheiten), und auch den hier vorliegenden zweiten Band empfinde ich etwas zäh.
Auf der anderen Seite haben die zwei Bände eine große Fangemeinde in den USA, und so bin ich einmal gespannt, wie Muirs Werk dieses Jahr abschneiden wird.

Network Effect von Martha Wells (Tor.com)
Es gibt ihn tatsächlich noch, den klassischen SF-Roman mit intelligenter Handlung und gut konstruierten Personen.
Network Effect ist der Band 5 der Murderbot-Diaries-Serie, und er handelt wieder von dem aus seinem sklavenartigen Besitzverhältnissen befreiten Security-Roboter, der Menschen nicht mag, ein begnadeter Hacker ist und am liebsten Fernsehserien ansieht (?Sanctuary Moon? ist seine Lieblingsserie und sein Wissensfundus für den Umgang mit Menschen).
Dieses Mal wird er als Sicherheitsberater auf einer menschlichen Raumstation angestellt, obwohl niemand ihn wirklich haben möchte, und er aufgrund seines von ihm gehackten Sicherheitsmoduls von den meisten Menschen als tödliches Risiko betrachtet wird.
Martha Wells beschreibt als ITlerin die technischen Details der Hardware perfekt, die Handlung behandelt bei all ihrem Humor sehr ernst die Frage des freien Willens, der Sklaverei und der Bevormundung von mit Intelligenz versehenen Personen, egal ob sie ?natürlich? oder ?künstlich? sind. Und so sehr die Figur des Murderbot die Menschen verabscheut, so zutiefst menschlich ist er doch in seinen Macken, Vorlieben und seinen Gedanken.
Ich liebe diese Seire seit dem Gewinn des ersten Bandes ?All Systems Red? in der Kategorie Novella vor 3 Jahren (und ihrem Gewinn 2019 in derselben Kategorie mit dem zweiten Band), und Wells schafft es auch immer wieder, dem Thema neue Aspekte abzugewinnen.
Ein sehr guter und echter SF-Roman, aber die Überraschung und Spritzigkeit des ersten Bandes erreicht er leider nicht mehr.

Piranesi von Susanna Clarke (Bloomsbury)
Eine Geschichte über eine seltsame Welt, die aus einem riesigen im Meer stehenden Gebäude besteht, durch das Ebbe und Flut ziehen und das mit einer unendlichen Zahl von Räumen mit Statuen von Personen und Szenen bestückt ist.
Dort lebt Piranesi, der Bewahrer und Forscher der Statuen und der Fundorte der wenigen Leichen anderer Menschen, die er an verschiedenen Stellen im Gebäude gefunden hat, und die er für die einzigen jemals existierenden Personen außer sich selbst betrachtet.
Er hat immer wieder Kontakt zu einem lebenden Menschen, dem Einzigen Lebenden, den er kennt, und der ihn für verschiedene Zwecke als Forscher einsetzt.
Erst im Verlauf der Handlung wird dem Leser langsam deutlich, um was es sich hierbei handelt, und es entwickelt sich ein interessanter Roman an der Grenzline zwischen Sf, Fantasy und Krimi.
Sehr, sehr ungewöhnlich aufgebaut, auch wenn dem Leser teilweise recht früh klar wird, um was es sich hier geht.
Trotzdem: Endlich mal was Neues und Innovatives. Allein dies wäre schon ein Grund, Susanna Clarke den Gewinn des Hugos zu wünschen.

The Relentless Moon von Mary Robinette Kowal (Tor Books / Solaris)
Ein weiterer Band aus dem ?Lady Astronaut Zyklus?, bei dem schon die Vorgänger mit dem Gewinn eines Hugos 2014 ?The Lady Astronaut Of Mars? und dem 2019-Prequel ?The Calculating Stars? ein Ausrufezeichen setzen.
Angesiedelt in einem alternativen Amerika, bei der große Teile der Erde durch einen Meteoriteneinschlag zerstört wurden, und in dem im Weiteren historischen Verlauf weibliche Astronauten den Weltraum erobern.
Im vorliegenden Band sind die politischen Spannungen auf der Erde weiter am Wachsen, während die Protagonistin Elma York auf dem Weg zum Mars ist, während die Mondkolonie sich noch im Aufbau befindet.
Es gibt viele politische Intrigen, und auch die persönlichen Verwicklungen mit dem Partner der Protagonistin sind Teil der Handlung.
Es handelt sich um SF, Bereich Alternative Realitäten, eine Sparte, die ich durchaus genießen kann. Aber mit dem Kowal?schen Lady Astronaut Universum bin ich nie so recht warm geworden.
Dabei kann ich gar nicht so genau sagen, was hierfür der Grund ist. Die Idee ist interessant und Mary Robinette Kowal hat einen guten Schreibstil. Trotzdem bleibt bei mir das Gefühl bestehen, dass ich die Handlung und die Personen nicht mit realen Personen und Prozessen in Einklang bringen kann.
Und für mich trägt die interessante Idee einer Eroberung des Weltraums durch Frauen alleine nicht genug, um hier erneut einen HUGO zu vergeben.
Auch Mary Robinette Kowal hat einen treuen Stamm an begeisterten Lesern, und ich möchte nicht ausschließen, dass mir der richtige Zugang zu ihren Büchern einfach fehlt. Ist auf jeden Fall ein Kandidat für den Titel.


*** Best Novella ***
Romane zwischen 17.500 und 40.000 Wörtern.
778 Teilnehmer haben 157 Kandidaten nominiert (Mehrfachnennungen möglich), für die 6 Nominierten wurden zwischen 124 und 219 Stimmen abgegeben.


Die Unterteilung zwischen Novel und Novella hat keine echte Entsprechung im Deutschen. Beides zählt bei uns zu den Romanen, und ich pflege diese Unterscheidung mit ?dicker Roman? und ?dünner Roman? zu übersetzen. Typischer Weise waren die diversen SF-Taschenbuchreihen der Siebziger in Deutschland ein Kandidat für diese Romanform, wo man gerne auch mal durch Kürzungen eine Geschichten auf 140 Taschenbuchseiten gequetscht hat.
Diese Unterscheidung ist ein wenig schade, da der HUGO immer erst einmal mit der Kategorie ?Novel? assoziiert wird, und wunderbare Romane aus Best Novella irgendwie als zweite Wahl betrachtet werden.
Dies ist dies zutiefst ungerecht, denn gerade in diesem Bereich haben wir in den letzten Jahren so viele innovative Romanideen gesehen, die nicht der seitenmäßigen Ausuferung gehorchen müssen. ?This is How You Loose the Time War? (2020), ?Palimpset? (2010), ?The Emperor?s Soul? (2013) oder ?Every Heart?s a Doorway? waren fantastische und innovative Geschichten, die durchaus besser erzählt und besser ausgeführt wurden als so manche lange Novel.
Und auch dieses Jahr sehe ich in dieser Gruppe mehr Qualität als bei den großen Brüdern und Schwestern.


Come Tumbling Down von Seanan McGuire (Tor.com)
Seanan McGuires Thema ist der Konflikt zwischen den Erwartungen von Eltern und dem wahren Wesen ihrer Kinder. Kinder, die nicht den an Sie gestellten Erwartungen genügen können und sich zu etwas verbiegen müssen, was nicht ihr wirkliches Ich ist. Und die Verzweiflung dieser jungen Menschen, wenn sie nicht den Vorstellungen von Eltern, Familie oder Gesellschaft entsprechen können. Das mag Begabung, Vorlieben, sexuelle Orientierung oder persönlichen Charakter betreffen.
Selten habe ich dieses Thema so einfühlsam und klar herausgearbeitet gesehen, und aus dem wunderbaren, von mir geliebten ?Every Heart?s a Doorway? ist inzwischen eine ganze Reihe von miteinander verwobenen Geschichten geworden.
Die Idee, dass sich für verzweifelte Kindern Alice-haft Türen in andere Realitäten öffnen, in denen sie ihr wirkliches Sein leben können, ist auch in diesem Roman hervorragend umgesetzt. Genau genommen handelt es sich hier um eine Fortsetzung einer der Handlungen, die im ersten Buch offen geblieben waren.
Eine der Protagonistinnen des ersten Romans der Reihe kommt zurück in Eleanor West?s Home for Wayward Children, dieses Internat und der Zufluchtsort für verzweifelte Kinder und Jugendliche, die aus ihrer parallelen Welt zurückgeschickt wurden und ihr Leben lang nach einem Rückweg suchen.
Sie und ihre Schwester kämpfen gegeneinander in einer seltsamen Welt mit Vampirkönigen und frankensteinähnlichen Meistern des Wiederbelebens.
Sehr schön geschrieben, spannende Fantasy, aber nichts innovativ Neues. Es bricht mir das Herz, aber ich muss sagen: Unbedingt lesen, aber für mich kein Kandidat für die Krone des Wettbewerbs.

The Empress of Salt and Fortune von Nghi Vo (Tor.com)
Fantasy in der reinsten Form. Ein altes Hausmädchen erzählt Chin und dem sprechenden Wiedehopf Almost Brilliant, beides Vertreter des Ordens der Singenden Hügel , die Geschichte ihrer kürzlich gestorbenen Herrin. In-yo, eine nordische Prinzessin, wurde dem Kaiser zur Frau gegeben, damit sie ihm einen Sohn gebären sollte. Sie wurde sterilisiert und verbannt. Die folgenden Jahre und Jahrzehnte plant sie ihre Rache.
Die Geschichte hat etwas Asiatisches in Stil, Aufbau und Handlung. Sehr streng gehalten, mit viel Struktur und Rahmen.
Die Geschichte einer Rache mit ungewöhnlichen Mitteln.
Mal was anderes, sehr schön und wirklich hervorragend umgesetzt.
Mein Favorit in dieser Gruppe!
(Habe ich erwähnt, dass es sich auch hier um den ersten Band eines ganzen Zyklus von Geschichten handelt? Der zweite Band des ?Singing Hills? Zyklus ist dieses Jahr als ?When the Tiger Came Down the Monutain?) erschienen.


Finna von Nino Cipri (Tor.com)
Wer schon immer den Verdacht hatte, dass bei Möbelketten wie IKEA die Kunden in den Ausstellungsräumen durch sich spontan öffnende Dimensionsübergänge in gefährlichen Paralleluniversen verirren können, und dass Möbelkonzerne dieser Art ihre armen, ausgebeuteten Mitarbeiter mit Hilfe des FINNA (ein transportables Quantenortungsgerät, dass in den Wurmlöchern verloren gegangene Kunden orten und offene Wurmlöcher anzeigen kann) losschicken, um die oftmals in tödlicher Gefahr befindlichen arglosen Kunden zurückzuholen, der ist bei dieser sich nicht ganz ernst nehmenden Geschichte absolut richtig.
Nicht dass IKEA jemals benannt würde ? aber Möbelnamen und Gerätebezeichnungen sind in einem holprigen schwedisch, und ich sehe die Möglichkeit, dass der Autor (er/sie betrachtet sich als quer und nonbinary) einmal Erfahrung mit der ganz eigenen Umgangsweise von schwedischen Möbelkonzernen mit ihren Mitarbeitern hatte.
Flott und witzige Geschichte, die am Schluss mit zwei Hauptpersonen endet, die einen eigenen FINNA in der Hand haben und (wir können es erraten) im angekündigten Band 2 weitere Abenteuer in fremden Paralleluniversen erleben werden.
Nett, aber auch nicht mehr.

Ring Shout von P. Djèlí Clark (Tor.com)
Das Zusammenleben zwischen Weiß und Schwarz ist in der US-SF dieses Jahr ein häufiges Thema, und hier haben wir eine ganz besondere Variante.
Im Jahre 1922, in einer Parallelwelt unseres Universums, jagt eine Gruppe von Schwarzen die vom Ku Klux Clan herbeibeschworenen Monster, die Ku Kluxe sowie die Mitglieder des Clans.
Der Roman wird von der Wikipedia als ?dark fantasy? oder ?southern gothic fantasy? bezeichnet.
Auch hier eine Geschichte, bei der die Fronten zwischen weiß und schwarz klar und eindeutig sind, und der Kampf zwischen mit dem Gewehr in der Hand seine klare und moralische Berechtigung hat.
Der Stil ist gewollt antiquiert, die Handlung durchaus auch brutal und blutig.
Für mich ein bisschen arg plakative Umsetzung der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Diskussion in den USA, aber handwerklich gut gemacht. Nicht so meins, aber die Idee ist auf ihre Weise wirklich klasse.

Riot Baby von Tochi Onyebuchi (Tor.com)
Wie schon erwähnt, es ist selten, dass mich Romane beunruhigt zurücklassen. Riot Baby vom nigerianisch-amerikanischen Autor Tochi Onyebuchi ist so ein Fall. Das letzte Mal war das in den Neunzigern bei ?American Psycho? und der Debatte über eine Buchzensur bei Büchern mit soziopathischen Gewaltphantasien. Doch Riot Baby hat nichts mit diesen Aspekten zu tun.
Nein, es handelt sich um einen sehr gut geschriebenen Roman um zwei in einem armen schwarzen Stadtteil aufwachsende Geschwister und ihre täglichen Erlebnisse mit Gangs, mit brutalen und rassistischen, weißen Polizisten, mit der Welt der weißen Mittelschicht, die ihnen verschlossen ist, dem irreversiblen Weg ins Gefängnis, wo es keine Chance mehr für einen Ausbruch aus dem Teufelskreis von Gefängnis und Kriminalität geben kann.
Und einer Geschichte von den Superkräften eines der beiden Kinder, mit denen es Menschen töten und ganze Welten kraft der Gedanke verändern kann.
Was mich beunruhigt hat, ist die von den Protagonisten getragene feste und tiefe Sicherheit, dass ein Zusammenleben der schwarzen und weißen Gesellschaft in den USA nicht möglich ist und nie möglich sein wird. Kein von Martin Luther King erträumter Zukunftsweg ?wir müssen gemeinsam die Trennung überwinden?, sondern das resignierte Erkennen: Es gibt diesen Weg nicht. Warum es also weiterhin versuchen?
Was daraus folgt, was die Konsequenzen einer solchen Meinung sind, das behandelt der Roman in seiner Handlung in beeindruckender Konsequenz.
Ein sehr beunruhigender Blick auf die aktuelle Situation in den USA und die in ihr sich entwickelnden amerikanischen Parallelgesellschaften.

Upright Women Wanted von Sarah Gailey (Tor.com)
Eine weitere Dystopie in einem zukünftigen Amerika, in der eine Gesellschaft vergleichbar der Zeit des Wilden Westens die Rechte von Personen und insbesondere Frauen mit abweichenden Lebensentwürfen einschränkt und bekämpft.
Der Roman handelt von einer Gruppe von Frauen, die gegen ihre engstirnige Umwelt kämpfen und eine Wende zum Besseren erzwingen wollen.
Jason Heller schrieb auf npr.org in seiner Buchbesprechung sinngemäß:
?Es geht um die Angst vor Homosexualität, um Transphobia, krankhaftem Hass von Männern gegen Frauen, Patriachat, Faschismus, dauerhaftem Kriegszustand sowie dem postfaktischen Zustand alternativer Wahrheiten.?
Dem kann ich mich nur anschließen.
Die Autorin diskutiert diese Themen in dem gesetzten Handlungsuniversum, und sie macht das vom Stil her nicht schlecht, auch wenn der Erkenntnisgewinn dieser im amerikanischen Kulturkampf aktuell so hitzig umkämpften Themen in einem Gründerväter-Handlungsumfeld natürlich nur eingeschränkt sein kann.


***Best Novelette ***
465 Stimmen für 197 Nominierungen (Mehrfachnennungen möglich). Die Zahl der Stimmen für die Nominierten bewegt sich zwischen 33 und 108 Votes.


Kommen wir zu den Novelettes.
Ich mag diese Geschichten mit ihrer Einschränkung auf 7.500 bis 17.500 Worte sehr, erlaubt Sie einem Autor doch, eine neue Idee oder Facette zu beleuchten, ihr aber mehr Tiefe zu geben, als die doch sehr fokussierte echte Kurzgeschichte mit ihrem meist eindimensionalen Handlungsgag erlaubt.
Leider werden Novelettes, gleichermaßen wie die Short Story, nur selten außerhalb ihres Erscheinungsortes der amerikanischen SF-Magazine angeboten, und eine Übersetzung kommt wohl nur dann in Frage, wenn er Autor (inzwischen) eine bekannte Größe geworden ist, bei der sich eine Übertragung ins Deutsche als Verkaufsargument (in einer hübsch gestalteten Sammlung) lohnt.
Dabei sind es durchaus bekannte Namen, die sich in dieser Gattung tummeln, was Kandidaten wie Sarah Pinsker oder Aliette de Bodard belegen.

Erwähnenswert erscheint mir noch, dass die Klassiker ?Asimov?s SF-Magazine? und ?Analog? (erscheinen aktuell zweimonatlich) auch in diesem Jahr keinen Kandidaten gestellt haben, und damit ihren schleichenden Einflussverlust für die SF-Szene erneut dokumentiert bekamen.

Burn, or the Episodic Life of Sam Wells as a Super von A.T. Greenblatt (Uncanny Magazine, Mai/Juni 2020)
Junger Mann möchte sich den ?Super?, den Superhelden anschließen. Seine Fähigkeit ist das Feuer ? und mehr kann man eigentlich nicht schreiben, ohne die Handlung zu verraten. Eine Betrachtung über Gruppenzugehörigkeit, Einsamkeit und? naja, Superhelden, die auch so ihre ganz normalen Probleme haben. Thematischer interessanter Aspekt, zwar nicht ganz neu, aber gut geschrieben und durchaus lesenswert. Für mich aber eher kein Preisträgerkandidat.

Helicopter Story von Isabel Fall (Clarkesworld, January2020)
Isabel Fall erzählt in Ichform die Geschichte von der Army-Hubschrauberpilotin Seo Ji Hee, deren Geschlechtsidentität von der Army per Modifikation geändert wurde: Auf die Empfindungswelt eines Hubschraubers.
Eine sehr interessante Idee, die die Frage der Geschlechtsidentität und deren Abweichung vom biologischen Geschlecht noch einmal verallgemeinert. Wenn das gefühlte Geschlecht nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmt, wäre natürlich auch eine Prägung auf gänzlich neue Empfindungen und Identitäten möglich. Clever gemachte Story. Thematisch eine Erweiterung des letztjährigen Gewinners ?How We Loose the Timewar?.
Preiswürdig.

The Inaccessibility of Heaven von Aliette de Bodard (Uncanny Magazine, Juli/August 2020)
Eine wunderschöne Erzählung aus der geheimnisvollen Stadt Starhollow, wo gefallene Engel vom Himmel kommen und zusammen mit den dort wohnenden Menschen leben.
Die vordergründige Handlung ist die Suche nach einem Mörder, von einer Privatdetektivin und ihrer Partnerin, der von Gott verstoßenen Cal. Eine Geschichte über Engel, über die Frage von Tugend und Sünde ? und die menschliche Liebe und Anbetung zu einem Engel.
Sehr, sehr schön geschrieben, sehr sehr lesenswert und eindeutig mein Gewinnerkandidat..

Monster von Naomi Kritzer (Clarkesworld, Januar 2020)
Die Liebesgeschichte zweier Menschen mit gänzlich unterschiedlichen Sichtweisen und Lebensentwürfen. Nach einer Jugendliebe trennen die beiden sich. Sie wird eine berühmte Genetikerin, die neue Methoden der DNS-Bearbeitung entwickelt, Andrew führt ein unstetes Leben, träumt aber davon, eine den Menschen verändernde, stärkende und die Alterung verhindernde Gen-Behandlung zu finden. Er stiehlt Cecilys Methoden und entwickelt auf eigene Faust eine Substanz, die aber unvollkommen ist und im Rahmen von heimlichen Experimenten Dutzende der unfreiwilligen Probanden tötet.
Das Thema Genetik ist eher zweitrangig, es ist eine Geschichte von unterschiedlichen Sichtweisen auf Recht und Unrecht, auf Dinge, die getan werden müssen, und nebenbei, auch ein Blick auf die Ideale der Kindererziehung in der chinesischen Kultur.
Gut gemacht, eine Geschichte mit Tiefgang.

The Pill von Meg Elison (from Big Girl, (PM Press))
Die Geschichte ist ein Gedankenexperiment über unsere Gesellschaft, in der eine Pille erfunden wird, die übergewichtige Menschen binnen Tagen dauerhaft in schmale, idealproportionierte Personen verwandeln kann ? mit einem 10% Risiko, die Prozedur nicht zu überleben.
Die Geschichte ist aus der Perspektive einer adipösen jungen Frau geschrieben, die sich weigert, dem Druck ihrer Familie und der Gesellschaft nachzugeben und die Pille ebenfalls einzunehmen.
Im ersten Teil ist es eine nachdenkliche Geschichte aus dem Blickwinkel einer übergewichtigen Person, die mit den vielen Nickligkeiten einer Gesellschaft konfrontiert ist, die zu viele Kilos als Charakterschwäche definiert, und deren Schönheitsideal eben ein anderes ist.
Ohne echte Grenzline verwandelt sich die Story dann aber in eine Erzählung über die Akzeptanz sich selbst gegenüber, und die Befreiung von gesellschaftlichen Zwängen hin zu einer Bejahung der eigenen Gestalt.
Man hätte wohl aus dieser Geschichte auch zwei eigenständige Stories machen können und die Idee der Schlankheitspille und ihre gesellschaftlichen Folgen losgelöst von der (auch sexuellen) Befreiung von Übergewichtigen betrachten können ? dann wäre aber dieser zweite Teil eher keine SF mehr gewesen.
Interessante Idee mit gestalterischen Schwächen.

Two Truths and a Lie von Sarah Pinsker (Tor.com
Sarah Pinsker liefert eine nachdenkliche Geschichte ab über das Leben, Bestimmung und Erfolg, verpackt in eine Handlung, die sich erst langsam ins Fantasyhafte verwandelt.
Eine Novelette, wie sie auch Stephen King hätte schreiben können, angesiedelt in unserer realen Welt, mit einem kleinen bisschen Horror versehen.
Auch hier: Fantasy als Boden für die Betrachtung des Menschen. Gut gemacht.


*** Best Short Story ***
586 Stimmen für 634 Nominierungen wurden abgegeben (Mehrfachnennungen möglich). Die Stories auf der Kandidatenliste erhielten zwischen 35 und 65 Stimmen.


Die SF-Kurzgeschichte ist ein sehr amerikanisches Produkt. Entstanden in den SF-Pulp-Magazinen, war und ist sie seit Jahrzehnten das Sprungbrett für neue, oder auch die augenzwinkernde Spielwiese altbekannter Autoren.
Die Beschränkung (hier auf 7.500 Worte) erzeugt ihre eigenen Herausforderungen. Meist geht es um eine spezielle Idee, eine spezieller Erfindung oder einen spezifischen Gedankengang, der prägnant und kurz dargebracht werden muss. Viel Platz und Handlungszeit ist hier natürlich nicht vorhanden, und so ist eine gelungene Kurzgeschichte eine Meisterleistung für sich.
In Ihr finden sich oft auch neue gesellschaftliche Ideen, oder erste Gedanken zu technologischen oder sozialen Entwicklungen, die später dann auch ihren Niederschlag in Romanen finden können.
Gerne ist Short Story auch geheimnisvoll, lässt Anfang oder Ende weg, und beschert wie beim Zappen im Fernsehen den Leser einen kurzen Blick in eine fremde Welt.
Eine Rezension oder Handlungsbeschreibung killt den Zauber und die Überraschung der Story, und so werde ich mich hier umso mehr auf jeweils allgemeine Hinweise beschränken.

Badass Moms in the Zombie Apocalypse von Rae Carson (Uncanny Magazine, Januar/Februar 2020)
Eine kleine Frauengesellschaft in einer apokalyptischen Zukunft, in der die Menschheit sich in Zombies verwandelt hat und die Frauen besonders gefährdet sind, da Monatsregel und Geburten für die Zombies unwiderstehliche Anziehungspunkte bilden.
Letztlich eine Geschichte über eine Welt der Frauen, in der Männer keinen Platz mehr haben.

A Guide for Working Breeds von Vina Jie-Min Prasad (Made to Order: Robots and Revolution, ed. Jonathan Strahan (Solaris))
Eine lustige Miniatur über Einsamkeit in sozialen Medien und dem besonderen Verhältnis zwischen einer Person und ihrem Mentor, die aber zwangsweise zu diesem Verhältnis gezwungen wurde. Und diese Personen sind beide vernunftbegabte Roboter.
Witzig und erfrischend.

Little Free Library von Naomi Kritzer (Tor.com)
Und noch einmal Naomi Kritzer. Dieses Mal mit einer Geschichte rund um die in vielen Städten inzwischen verbreiteten Austauschbuchständer, bei der man sich kostenlos ein Buch entnimmt und dafür ein anderes einlegt.
Interessant, wer da so alles auf Buchsuche geht.
Schön gemacht und flocking locker zu lesen. Preiskandidat? Vielleicht.


The Mermaid Astronaut, Yoon Ha Lee (Beneath Ceaseless Skies, Februar 2020)
Eine märchenhaft naive Geschichte von der Meerjungfrau, die sich auf einem Raumfrachter verdingt, um einmal das Universum und seine Vielfalt zu sehen. Sie verlässt ihre Familie und Gruppe mit der Absicht, niemals zurückzukehren, doch nach Jahren stellt sie fest, dass die Heimat mehr ist als der Startpunkt für eine Lebensreise.
Sie kehrt zurück und stellt fest?
SF als Vehikel über Gedanken zur Freundschaft zwischen fremden Wesen, das Gute in Individuen egal woher sie kommen, und der Sehnsucht nach der Heimat. Nett und Harmlos.

Metal Like Blood in the Dark von T. Kingfisher (Uncanny Magazine, September/Oktober 2020)
Zwei arglose Roboterkinder suchen Hilfe für Ihren Vater, und werden von einer fremden KI versklavt. Sie sind hilflos, denn sie kennen nicht einmal das Konzept der Lüge und der Unwahrheit
Die Short Story ist eine Parabel über die Erkenntnis der Existenz des Bösen, und natürlich auch über den Verlust der eigenen Unschuld im notwendigen Handeln.
Schön gemacht, wie ein Märchen geschrieben, und sogar ein Happy End.
Für mich mein Kandidat für den HUGO.

Open House on Haunted Hill von John Wiswell (Diabolical Plots ? 2020, ed. David Steffen)
Häuser haben ihre eigene Seele und suchen verzweifelt nach Bewohnern. Nicht immer einfach, einen entsprechenden Kandidaten zu finden. Und so muss Poisonwood 133 alle Register ziehen, um endlich wieder eine Familie zu beherbergen.
Gewinner des Nebula-Awards.
Nett und witzig.


Das war sie, die Übersicht über die diesjährigen Kandidaten. Alle spielen in der Meisterklasse, aber herausragende potentielle Preisträger sind dieses mal eher spärlich gesät.
Lassen wir uns also überraschen und schauen mal, was die Con-Teilnehmer entscheiden werden!
Der Beitrag wurde am Sonntag, 28. November 2021 veröffentlicht und wurde unter dem Topic Science Fiction abgelegt.
'HUGOs 2021 - Die komplette Besprechung'

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