Kurzgeschichten sind eine ganz besondere Sorte von Literatur: Kompakte Geschichten, verdichtet auf das Wesentliche. Die Kunst, mit wenigen Worten trotzdem große Dinge zu erzählen. Hier eine Sammlung meiner liebsten 100 Kurzgeschichten, von Science Fiction, über Krimi bis Horror. Alle ungewöhnlich. Alle lesenswert.
(Dabei verwende ich die Bezeichnung "Kurzgeschichte" in einer sehr weiten Definition : Siehe auch meine Einleitung )
Dieses mal eine Krimi Kurzgeschichte von 1971:
R.L. Stevens (Edward D. Hoch): 13
(englischer Originaltitel: Thirteen)
entnommen aus: 100 kleine Böse Krimis 1985
Original aus Ellery Queen's Mystery Magazine
Meine Wertung:
Seit ein paar Jahren ist der Krimi (in Buch oder als Film) auch in Deutschland salonfähig geworden. Erwacht aus der Erik-Ode-Gedächtnisstarre, hat das deutsche Lesepublikum erst die depressiven skandinavischen Wallander-Derivate in Hymnen gefeiert, dann nebenbei die britischen Krimiautoren entdeckt, um dann auch noch in Form der Eiffel- oder sonstigen regionaler Krimis die Deutschen Lande wieder zu entdecken.
Krimi-Kurz-Geschichten jedoch? Ziemliche Ebbe.
Anders in den USA. Denn nicht nur die Science-Fiction-(Pulp-)Magazine fluteten (und fluten) den amerikanischen Markt, nein, das gleiche gab und gibt es auch für das Krimigenre.
"Mystery-Stories" werden Sie genannt, und hier tut sich ein großer Kurzgeschichtenmarkt auf, der leider nur sporadisch in Form von Buchsammlungen nach Deutschland schwappt.
In "Isaak-Asimov präsentiert 100 Kleine Böse Krimis" haben wir ein älteres, besonders reichhaltiges Angebot echter Short-Stories aus 30 Jahren der Krimikurzgeschichtenproduktion jenseits des Atlantiks vorliegen. (...)
Der ganze Artikel hier
Eine davon hat es mir schon als jugendlichem Leser angetan: "Dreizehn".
Eigentlich dürfte ich jetzt gar nichts mehr schreiben, denn die Geschichte lebt von einem entscheidenden Überraschungseffekt, den ich aber an dieser Stelle trotzdem verraten möchte (und zur Begründung auch verraten muss!)
Edward Hochs Erzählung beschreibt den Überfall einer brutalen Gruppe von bis an die Zähne bewaffneter Männer, die mit Gewehren und Messern versehen ein Gebäude stürmen, um am Schluss mit ihrer Beute, zwei Koffern unbestimmten Inhalts wieder das Weite zu suchen. Auf dem Weg ihres Überfalls töten sie brutal und hinterrücks Polizisten und Angestellte, Frauen und Männer. Leute, die sich ergeben wollen, werden genauso niedergeschossen wie flüchtende Personen. Auf dem Boden liegende Verletzte werden nicht am Leben gelassen. Ein extra angeheuerter "Spezialist" verbringt das Massaker damit, über die Zahl der von ihm selber Getöteten nachzudenken. Er kommt, nachdem er einen letzten Verletzten erschießt, auf 13.
Die nur wenige Seiten lange Kurzgeschichte ist für einen Krimi aus dem 1971 verstörend brutal. In lakonischen Worten wird die völlige Erbarmungslosigkeit dieser Gruppe für Männern beschrieben, für die das Auslöschen eines Menschenlebens keinerlei Gedanken wert ist.
Die Verbrecher werden im übrigen nicht bestraft.
Denn erst in den letzten Zeilen der Short Story wird dem Leser klar, dass es sich hier um ein militärisches Kommandounternehmen gehandelt hat, dessen Männer völlig legitim und heldenhaft gearbeitet haben, und sich jetzt auf ihre Belohnung in Form von Beförderungen und Auszeichnungen freuen dürfen.
Sehr schön übersetzt, merkt man erst beim zweiten Lesen, dass der Unterschied in der Wahrnehmung der Geschichte (schrecklich brutaler Verbrecherüberfall oder heldenhafte Kommandoaktion) ausschließlich in der eigenen Wahrnehmung und Beurteilung liegt - und nicht in der Geschichte.
Ich fand diese subjektive Beeinflussung auch der eigenen persönlichen Wahrnehmung über Moral, Verbrechen und Kieg sehr, sehr erschreckend.
Und habe sie vorher noch nie in derartig cleverer Weise umgesetzt gesehen.
(Dabei verwende ich die Bezeichnung "Kurzgeschichte" in einer sehr weiten Definition : Siehe auch meine Einleitung )
Dieses mal eine Krimi Kurzgeschichte von 1971:
R.L. Stevens (Edward D. Hoch): 13
(englischer Originaltitel: Thirteen)
entnommen aus: 100 kleine Böse Krimis 1985
Original aus Ellery Queen's Mystery Magazine
Meine Wertung:
Seit ein paar Jahren ist der Krimi (in Buch oder als Film) auch in Deutschland salonfähig geworden. Erwacht aus der Erik-Ode-Gedächtnisstarre, hat das deutsche Lesepublikum erst die depressiven skandinavischen Wallander-Derivate in Hymnen gefeiert, dann nebenbei die britischen Krimiautoren entdeckt, um dann auch noch in Form der Eiffel- oder sonstigen regionaler Krimis die Deutschen Lande wieder zu entdecken.
Krimi-Kurz-Geschichten jedoch? Ziemliche Ebbe.
Anders in den USA. Denn nicht nur die Science-Fiction-(Pulp-)Magazine fluteten (und fluten) den amerikanischen Markt, nein, das gleiche gab und gibt es auch für das Krimigenre.
"Mystery-Stories" werden Sie genannt, und hier tut sich ein großer Kurzgeschichtenmarkt auf, der leider nur sporadisch in Form von Buchsammlungen nach Deutschland schwappt.
In "Isaak-Asimov präsentiert 100 Kleine Böse Krimis" haben wir ein älteres, besonders reichhaltiges Angebot echter Short-Stories aus 30 Jahren der Krimikurzgeschichtenproduktion jenseits des Atlantiks vorliegen. (...)
Der ganze Artikel hier
Eine davon hat es mir schon als jugendlichem Leser angetan: "Dreizehn".
Eigentlich dürfte ich jetzt gar nichts mehr schreiben, denn die Geschichte lebt von einem entscheidenden Überraschungseffekt, den ich aber an dieser Stelle trotzdem verraten möchte (und zur Begründung auch verraten muss!)
Edward Hochs Erzählung beschreibt den Überfall einer brutalen Gruppe von bis an die Zähne bewaffneter Männer, die mit Gewehren und Messern versehen ein Gebäude stürmen, um am Schluss mit ihrer Beute, zwei Koffern unbestimmten Inhalts wieder das Weite zu suchen. Auf dem Weg ihres Überfalls töten sie brutal und hinterrücks Polizisten und Angestellte, Frauen und Männer. Leute, die sich ergeben wollen, werden genauso niedergeschossen wie flüchtende Personen. Auf dem Boden liegende Verletzte werden nicht am Leben gelassen. Ein extra angeheuerter "Spezialist" verbringt das Massaker damit, über die Zahl der von ihm selber Getöteten nachzudenken. Er kommt, nachdem er einen letzten Verletzten erschießt, auf 13.
Die nur wenige Seiten lange Kurzgeschichte ist für einen Krimi aus dem 1971 verstörend brutal. In lakonischen Worten wird die völlige Erbarmungslosigkeit dieser Gruppe für Männern beschrieben, für die das Auslöschen eines Menschenlebens keinerlei Gedanken wert ist.
Die Verbrecher werden im übrigen nicht bestraft.
Denn erst in den letzten Zeilen der Short Story wird dem Leser klar, dass es sich hier um ein militärisches Kommandounternehmen gehandelt hat, dessen Männer völlig legitim und heldenhaft gearbeitet haben, und sich jetzt auf ihre Belohnung in Form von Beförderungen und Auszeichnungen freuen dürfen.
Sehr schön übersetzt, merkt man erst beim zweiten Lesen, dass der Unterschied in der Wahrnehmung der Geschichte (schrecklich brutaler Verbrecherüberfall oder heldenhafte Kommandoaktion) ausschließlich in der eigenen Wahrnehmung und Beurteilung liegt - und nicht in der Geschichte.
Ich fand diese subjektive Beeinflussung auch der eigenen persönlichen Wahrnehmung über Moral, Verbrechen und Kieg sehr, sehr erschreckend.
Und habe sie vorher noch nie in derartig cleverer Weise umgesetzt gesehen.
Der Beitrag wurde am Montag, 26. November 2012 veröffentlicht und wurde unter dem Topic 100 Kurzgeschichten abgelegt.
'100 Kurzgeschichten ~ Tag 3: Edward D. Hoch - 13'
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