Geldanlage
von Klaus Marion
veröffentlicht in initiativ 2/2011
Jeder Gewerbetreibende kennt das Problem: Da hat man ein paar Aufträge an Land gezogen und zum erfolgreichen Abschluss gebracht, schon stellen sich ganz neue Fragen: Was mache ich mit dem Geld auf meinem Girokonto? Wo lege ich es an?
Nun ist ja das Geschäftsleben ein kommen und gehen, und das momentane Plus auf dem Girokonto kann sich bald in die schnell benötigte Manövriermasse in einer Flaute verwandeln. Auf der anderen Seite tendiert die Verzinsung eines Kontokorrentkontos schon immer gegen Null. Und so wendet sich der Geschäftsmann einer klassischen Anlageform zu, die das Geld nur kurze Zeit festlegt, aber trotzdem gute Zinsen bringt: Das Festgeldkonto. Soweit die Theorie. Leider leben wir momentan in seltsamen Zeiten.
Das nachfolgende Telefongespräch findet zwischen dem Installateur Helmut Polpenfeld und dem Berater seiner Hausbank statt.
Helmut Polpenfeld: Hallo? Spreche ich mit Herrn Göttler? Ja, guten Morgen, hier ist der Herr Polpenfeld.
Der freundliche Berater: Hallo Herr Polpenfeld! Wie geht’s denn so? Nun, ich sehe gerade auf meinem Bildschirm, dass Sie einige Einzahlungen zu verzeichnen hatten! Das aber sehr schön!
HP: Ja, doch. Ich konnte einige Aufträge sehr zügig zu Ende bringen. Festpreis. Da hat sich auf dem Girokonto ein bisschen was angesammelt. Deswegen rufe ich auch an...
DfB: Herr Polpenfeld, das sehen Sie absolut richtig! Auf einem Girokonto haben solche Beträge definitiv nichts verloren. Da muss man was tun!
HP: Ja, deswegen dachte ich...
DfB: Sehr vernünftig. Lassen Sie ihr Geld arbeiten! Ich hätte hier ganz tolle chilenische Wandelanleihen mit Basispunktgarantie und einem Verzinsungsminimum von 6% im Schatten.
HP: Nun...
DfB: Wie steht es mit serbischen Förderbonds mit erweiterter Rückzahlungsabsicht? Können bei Ausfallgefahr in russische Rubel konvertiert werden, gedeckt von der sibirischen Aufbaubank?
HP: Nein, nein...
DfB: Ach ich verstehe: Doch lieber Schweizer Cash-Low-Bonds mit Golddeckung und mündelsicherer Fondsicherung...
HP: Ich möchte gerne das Geld auf ein Festgeldkonto verschieben.
DfB: So etwas gibt es nicht.
HP: Doch, das gibt es. Ich hatte früher schon einmal eines. Da liegt das Geld ein oder zwei Monate fest, dafür gibt es bessere Zinsen. Im Notfall komme ich aber trotzdem dran an das Geld...
DfB: Ach, so etwas meinen sie. Hm. Welcher Zinssatz schwebt Ihnen denn da vor?
HP: Na, 3-4% könnte ich mir schon vorstellen...
DfB: Hahaha! Das ist ja ein klasse Witz! Bruhahaha! Super!! Absolut Super! Den muss ich meinem Kollegen erzählen. Genial. Wie sie das gebracht haben. Umwerfend! Hahaha!!
HP: -
DfB: Sie meinen das ernst? Wieso glauben Sie, dass Sie so einen Prozentsatz für Festgeld bekommen könnten?
HP: Nun, ich dachte, Sie verleihen das Geld dann wieder?
DfB: Ja, und?
HP: Nun, für einen gedeckten Kredit für Investitionen zahle ich 8,5%. Sie nehmen das Geld, verleihen es weiter. Die Differenz ist der Gewinn.
DfB: Guter Mann, wir leben in einer Zeit des billigen Geldes: Die Zentralbank wirft Geld für die Banken für 1,7% auf den Markt. Da holen wir uns doch das Geld zum Verleihen lieber dort...
HP: Also gibt es nur 1,7% fürs Festgeld?
DfB: Wo denken Sie hin: Da kommen ja noch unsere Kosten drauf. Verwaltung, Anlagemanagement, Buchungsaufwand. Da sind 1,7% illusorisch. Da ziehen Sie besser mal noch 1 Prozentpunkt ab.
HP: Also 0,7% ??
DfB: Vergessen Sie nicht das Risiko der Liquidität bei schneller Rückzahlung. Ist bei der augenblicklichen Lage mit drohender Panik der Kunden immer ein Problem. Und dazu kommt noch die Streuung des Geldflusses. Das gibt bei den Stresstests immer Schwierigkeiten und muss mit Risikoabsicherungen finanziert werden.
HP: 0,5%?
DfB: Sie sind einfach hartnäckig, Herr Polpenfeld, stimmt's? Da zeigt sich der gute Handwerker. Ich will mal nicht so sein. Ich geb Ihnen das Festgeld bei 3 Monaten für -1,5%! Aber sagen Sie es nicht weiter. Das deckt nicht einmal unsere Kosten.
HP: Minus 1,5%??
DfB: Ja, Sie legen 10.000 Euro fest, und nach Ende der 3 Monate überweisen wir Ihnen die Gesamttranche in Höhe 9.850,- Euro zurück auf Ihr Konto! Was sagen Sie?
HP: Das ist ja weniger als vorher!
DfB: Sie dürfen nicht die Inflation vergessen. Bei geschätzten 2,5% Geldentwertung hätten Sie nämlich deutlich weniger! Sie machen also glatt einen ganzen Prozentpunkt gut! Das ist in der heutigen Zeit eine echte Rendite! Na, was sagen Sie?
HP: Da muss ich erst noch mal mit meiner Frau... sprechen... Äh, auf Wiederhören, also. Klick.
DfB: Festgeld! So etwas. Was die Leute für Vorstellungen haben...
von Klaus Marion
veröffentlicht in initiativ 2/2011
Jeder Gewerbetreibende kennt das Problem: Da hat man ein paar Aufträge an Land gezogen und zum erfolgreichen Abschluss gebracht, schon stellen sich ganz neue Fragen: Was mache ich mit dem Geld auf meinem Girokonto? Wo lege ich es an?
Nun ist ja das Geschäftsleben ein kommen und gehen, und das momentane Plus auf dem Girokonto kann sich bald in die schnell benötigte Manövriermasse in einer Flaute verwandeln. Auf der anderen Seite tendiert die Verzinsung eines Kontokorrentkontos schon immer gegen Null. Und so wendet sich der Geschäftsmann einer klassischen Anlageform zu, die das Geld nur kurze Zeit festlegt, aber trotzdem gute Zinsen bringt: Das Festgeldkonto. Soweit die Theorie. Leider leben wir momentan in seltsamen Zeiten.
Das nachfolgende Telefongespräch findet zwischen dem Installateur Helmut Polpenfeld und dem Berater seiner Hausbank statt.
Helmut Polpenfeld: Hallo? Spreche ich mit Herrn Göttler? Ja, guten Morgen, hier ist der Herr Polpenfeld.
Der freundliche Berater: Hallo Herr Polpenfeld! Wie geht’s denn so? Nun, ich sehe gerade auf meinem Bildschirm, dass Sie einige Einzahlungen zu verzeichnen hatten! Das aber sehr schön!
HP: Ja, doch. Ich konnte einige Aufträge sehr zügig zu Ende bringen. Festpreis. Da hat sich auf dem Girokonto ein bisschen was angesammelt. Deswegen rufe ich auch an...
DfB: Herr Polpenfeld, das sehen Sie absolut richtig! Auf einem Girokonto haben solche Beträge definitiv nichts verloren. Da muss man was tun!
HP: Ja, deswegen dachte ich...
DfB: Sehr vernünftig. Lassen Sie ihr Geld arbeiten! Ich hätte hier ganz tolle chilenische Wandelanleihen mit Basispunktgarantie und einem Verzinsungsminimum von 6% im Schatten.
HP: Nun...
DfB: Wie steht es mit serbischen Förderbonds mit erweiterter Rückzahlungsabsicht? Können bei Ausfallgefahr in russische Rubel konvertiert werden, gedeckt von der sibirischen Aufbaubank?
HP: Nein, nein...
DfB: Ach ich verstehe: Doch lieber Schweizer Cash-Low-Bonds mit Golddeckung und mündelsicherer Fondsicherung...
HP: Ich möchte gerne das Geld auf ein Festgeldkonto verschieben.
DfB: So etwas gibt es nicht.
HP: Doch, das gibt es. Ich hatte früher schon einmal eines. Da liegt das Geld ein oder zwei Monate fest, dafür gibt es bessere Zinsen. Im Notfall komme ich aber trotzdem dran an das Geld...
DfB: Ach, so etwas meinen sie. Hm. Welcher Zinssatz schwebt Ihnen denn da vor?
HP: Na, 3-4% könnte ich mir schon vorstellen...
DfB: Hahaha! Das ist ja ein klasse Witz! Bruhahaha! Super!! Absolut Super! Den muss ich meinem Kollegen erzählen. Genial. Wie sie das gebracht haben. Umwerfend! Hahaha!!
HP: -
DfB: Sie meinen das ernst? Wieso glauben Sie, dass Sie so einen Prozentsatz für Festgeld bekommen könnten?
HP: Nun, ich dachte, Sie verleihen das Geld dann wieder?
DfB: Ja, und?
HP: Nun, für einen gedeckten Kredit für Investitionen zahle ich 8,5%. Sie nehmen das Geld, verleihen es weiter. Die Differenz ist der Gewinn.
DfB: Guter Mann, wir leben in einer Zeit des billigen Geldes: Die Zentralbank wirft Geld für die Banken für 1,7% auf den Markt. Da holen wir uns doch das Geld zum Verleihen lieber dort...
HP: Also gibt es nur 1,7% fürs Festgeld?
DfB: Wo denken Sie hin: Da kommen ja noch unsere Kosten drauf. Verwaltung, Anlagemanagement, Buchungsaufwand. Da sind 1,7% illusorisch. Da ziehen Sie besser mal noch 1 Prozentpunkt ab.
HP: Also 0,7% ??
DfB: Vergessen Sie nicht das Risiko der Liquidität bei schneller Rückzahlung. Ist bei der augenblicklichen Lage mit drohender Panik der Kunden immer ein Problem. Und dazu kommt noch die Streuung des Geldflusses. Das gibt bei den Stresstests immer Schwierigkeiten und muss mit Risikoabsicherungen finanziert werden.
HP: 0,5%?
DfB: Sie sind einfach hartnäckig, Herr Polpenfeld, stimmt's? Da zeigt sich der gute Handwerker. Ich will mal nicht so sein. Ich geb Ihnen das Festgeld bei 3 Monaten für -1,5%! Aber sagen Sie es nicht weiter. Das deckt nicht einmal unsere Kosten.
HP: Minus 1,5%??
DfB: Ja, Sie legen 10.000 Euro fest, und nach Ende der 3 Monate überweisen wir Ihnen die Gesamttranche in Höhe 9.850,- Euro zurück auf Ihr Konto! Was sagen Sie?
HP: Das ist ja weniger als vorher!
DfB: Sie dürfen nicht die Inflation vergessen. Bei geschätzten 2,5% Geldentwertung hätten Sie nämlich deutlich weniger! Sie machen also glatt einen ganzen Prozentpunkt gut! Das ist in der heutigen Zeit eine echte Rendite! Na, was sagen Sie?
HP: Da muss ich erst noch mal mit meiner Frau... sprechen... Äh, auf Wiederhören, also. Klick.
DfB: Festgeld! So etwas. Was die Leute für Vorstellungen haben...
Der Beitrag wurde am Montag, 14. Januar 2013 veröffentlicht und wurde unter dem Topic Satiren - initiativ abgelegt.
'Geldanlage - Satire aus "initiativ" 2/2011'
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