Von Klaus Marion

Eine Vorbemerkung
Reisebericht oder Handbuch für Neuseelandreisende. Was soll das hier denn werden? Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Etwas von beidem.
Meine Frau, meine Tochter und ich reisten am 20. Dezember 2010 von Frankfurt/Main nach Neuseeland (Sie erinnern sich vielleicht: da war gerade das große Schneechaos in ganz Europa), und wir kehrten am 8. Januar 2011 wieder nach Hause zurück. Dazwischen lagen unvergessliche Eindrücke, aber auch mehr als einmal der nagende Gedanke: "Wenn man das vorher gewusst hätte...". Viele Dinge gibt es, die wir bei einer zweiten Reise anders machen würden, Überlegungen, die unsere Reise noch schöner gestaltet hätten – oder geholfen hätten, bestimmte Fehler nicht zu machen.
Wir haben im Vorfeld viel über unser Ziel gelesen (aber natürlich nicht genug), wir haben uns beim Reisebüro und anderen Reisenden informiert. Und doch fanden sich die hilfreichen Kleinigkeiten oder beruhigenden Informationen oftmals nicht im Reiseführer, sondern mussten selbst erfahren und erlitten werden.
Dieser mehrteilige Bericht richtet sich an alle, die sich überlegen, das schöne Land Neuseeland zu besuchen – etwas, wozu ich ausdrücklich ermutigen möchte. Ein zivilisiertes Abenteuer am anderen Ende der Welt. Viel Spaß beim Lesen. Viel Spaß beim reisen.

Und noch ein Wort an den Leser...
Ich gebe hier meine Informationen nach bestem Wissen und Gewissen – so wie wir sie erlebt, verstanden, gelesen oder vor Ort erzählt bekommen haben. Das schließt nicht aus, dass sich Dinge geändert haben, dass bestimmte Voraussetzungen gerade für Sie, lieber Leser, nicht gelten. Diese Zeilen entbinden Sie daher nicht, alle die hier genannten Informationen selber zu überprüfen und im Zweifelsfall sich auf den Rat anderer Institutionen zu verlassen. Im Anhang habe ich empfehlenswerte Literatur zusammengefasst. Hier sollte man unbedingt schmökern.
Also, wenn Sie bei der Zwischenlandung in Hongkong entsetzt feststellen sollten, dass ich ein notwendiges Dokument zur Weiterreise nicht erwähnt habe – keine wie immer geartete Haftung von mir!

Jeder Bericht ist subjektiv. Manche Erlebnisse betrachtet man als typisch für Land und Leute – und merkt nicht, dass man nur auf die berühmte Ausnahme gestoßen ist. Andere Reisende mögen ganz andere Erfahrungen gemacht haben, und je nach Reiseart sind die Erfahrungen naturgemäß ganz verschieden.
Nun denn: jeder sollte sowieso seine eigenen, persönlichen Erfahrungen machen.

Warum Neuseeland?
Es gibt sicherlich viele Gründe, in ein fremdes Land zu reisen: Land, Leute, Kultur. Doch Neuseeland ist da ohne Frage eine besondere Entscheidung. Schließlich ist das Land buchstäblich auf der anderen Seite der Erde – weiter weg geht nicht. Das bedeutet eine Anreise per Flugzeug, die sich auf netto 24 Stunden ohne mitgezählte Zeiten von Zwischenlandungen summiert. Eine Zeitverschiebung von 12 Stunden, eine Vertauschung der Jahreszeiten, und nicht zu vergessen die Reisekosten, bei denen man für den Preis der Tickets der Familie auch einen gut erhaltenen gebrauchten Kleinwagen bekommen hätte. Und billig in der Lebenshaltung ist das Land auch nicht
Warum also fliegen Leute überhaupt nach Neuseeland? Die Frage stellt sich wirklich. Scheint doch dort in jedem zweiten Wohnmobil ein deutscher Familienvater zu sitzen, und unter den das Land überschwemmenden Backpackern ist Deutsch die Lingua Franca (angeblich soll zum Zeitpunkt dieses Berichts die Visaerteilung für Deutsche Work- and-Travel-Besucher wegen zu hoher Zahlen ausgesetzt worden sein).

Nun, Neuseeland ist spätestens seit der grandiosen "Herr der Ringe"-Verfilmung das gefühlte Lieblingsland aller Deutschen geworden, und das nicht nur bei bekennenden Cineasten, die auf den Karten jeden Drehort in der gewaltigen Natur verorten können (In unserem offiziellen neuseeländischen Straßenatlas war genau notiert, wo Mordor, Enduin und Ork-Schlachten gedreht worden sind – es lebe der Fremdenverkehrsverein). Denn das ist für die meisten die Quintessenz dieses Landes, und mit Sicherheit sein besonderes Potential: Gewaltige, beeindruckende Natur, so weit das Auge schaut. Allerdings, das sei an dieser Stelle mal angemerkt: Das Land besteht bei weitem nicht nur aus epischen Bergen, Wäldern und Flüssen. Es gibt auch Städte (sogar mit leichtem Millionstadtcharakter), es gibt richtige Straßen (auch dazu komme ich noch ausführlich), und die typische Kleinstadt in Neuseeland ähnelt verblüffend einer der eher trostlosen Kleinstädte im mittleren Westen der USA. Und so manche hügelige Berglandschaft wirkt, mit Schlachtszenen bevölkert, auf einer Kinoleinwand weit beeindruckender, als in Natur vom Straßenrand aus beobachtet, mit den Rindern, Schafen, Traktoren und durchschlängelnden Nebenstraßen.
Vielleicht ist das aber auch eine automatische Abstumpfung durch Reizüberflutung. Denn die Landschaft mitsamt Flora ist wirklich ein Grund, warum man dieses Land besuchen sollte. Und damit ist die stärker bevölkerte Nordinsel dieses zweigeteilten Land ja schon ordentlich gesegnet: (Palmen, Regenwald, Hochwüste, Vulkane – wie man sie haben möchte). Wer eine Steigerung haben möchte, der begebe sich direkt zur Südinsel, wo alles noch einmal gewaltiger ist.
Die Tierwelt von Neuseeland wird dagegen etwas überbewertet: Zwar gibt es exotische Vögel mit seltsamen Lauten (bei der Abtrennung des Kontinents vor zweihundert Millionen Jahren gingen die Säugetiere nicht an Bord, was den Vögeln ein jägerfreies Paradies bescherte und zu manch seltsamer Mutation führte), aber die vage Vorstellung, dass der fußballgroße neuseeländische Wappenvogel "Kiwi" überall herumlaufen würde, ist ein Irrtum – erstens ist er nur Nachtaktiv, zweitens gibt es nur noch wenige von ihm (eingeschleppte Ratten und Katzen machen im wirkungsvoll den Garaus). Und wer Känguruhs sehen will, sollte besser 2000 km westlich nach Australien reisen. Auch wenn es in Neuseeland ein paar eingeschleppte dieser Hüpfer gibt.
Mit historischen Orten und Gebäuden kann Neuseeland nicht wirklich aufwarten. Ist die europäische Besiedlungsgeschichte nur gute 200 Jahre alt, so haben die Maori als Südseeeinwanderer in ihren 800 Jahren auch nur wenig hinterlassen, was es mit dem Hauch der Geschichte Schottischer Hochmoorburgen, venezianischer Mittelalterpracht oder am Rhein angesiedelter Schlösser aufnehmen kann.

Also doch alles nur eine überbewertete Modeerscheinung?
NEIN! Das Land, die Natur, seine Menschen, das Meer. All das ergibt einen faszinierenden Mix, der einen in den Bann ziehen kann. Wer bereit ist, ein paar Kilometer zu reisen, wem Menschenmengen suspekt sind, wer sich von gewaltiger Natur beeindrucken lassen kann, wer auf Hotelanlagenurlaub bei 35 Grad verzichten möchte, der ist in diesem Land definitiv richtig. Es fehlt nur der Kick, ist zu tun.

Und warum waren wir dort?
Nun, unser Sohn reist dort ein halbes Jahr als Work und Travel Backpacker durchs Land, und wir haben tatsächlich entfernte Verwandtschaft in diesem schönen Land (Cousinen meiner Mutter), deren betagtes Alter durchaus auch ein Argument für eine Reise waren. Wir haben Land und Leute erlebt, wie es schöner und beeindruckender nicht vorzustellen gewesen wären.
Für dieses Land gilt der alte Witz: Es gibt keine Vorurteile: Alles ist wahr!

Ende Teil 1 Wird fortgesetzt
Der Beitrag wurde am Samstag, 29. Januar 2011 veröffentlicht und wurde unter dem Topic Verschiedenes abgelegt.
'Nach Neuseeland reisen für Anfaenger (Teil 1)'

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