Wie man sich bettet
von Klaus Marion
veröffentlicht in initiativ 1/2013




Früher waren Geschäftskunden in Hotels die Könige, Privatpersonen hingegen wurden mit billigen Zimmern mit wenig Service abgespeist. Doch seitdem alle auf die Kosten achten, sind die goldenen Zeiten der teuren Übernachtungsangebote für Geschäftsleute vorbei. Doch da finden dann viele Hotels ihre eigenen Lösungen…


Die Übernachtung sollte kurzfristig sein. Ich griff selber zum Telefonhörer.
"Hallo, ist da das Toskow-Hotel in Berlin? Ich benötige für eine Geschäftsreise ein Zimmer. Am Montag. Geht das?"
Die nette Dame am Telefon hatte damit keine Probleme.
"Aber natürlich. Ich habe hier ein Business-Zimmer. Standard. Komplettpaket. Macht 265,- Euro. Darf ich es für Sie buchen?"
"Äh…"
Ich wollte schon zusagen, doch dann verspürte ich eine gewisse Neugier, welche besonderen Leistungen sich hinter dem doch nicht ganz niedrigen Übernachtungspreis verbergen mochten. Luxussuite? Tanzende Hula-Mädchen? Freie Getränke?
"Kann ich fragen, was das Business-Paket denn so umfasst? Ist ja nicht ganz billig, alles in allem."
Am anderen Ende der Leitung gab es eine merkliche Pause.
"Oh, ich sehe gerade, ich kann Ihnen das Business-Standard-Paket in dieser Woche zu einem Aktionsrabatt geben. 235 Euro! Da haben Sie aber Glück! Ich darf dann eine Übernachtung buchen?"
"Aber, was umfasst es denn? Was bekomme ich dafür?"
Die bisher so souveräne Stimme am Telefon bekam einen nervösen Klang.
"Sie haben aber echt Glück. Da ist noch eine Übernachtung aus unserem Extrem-Spar-Angebot für Geschäftsleute frei. Damit kommt das Zimmer im Paket auf glatte 190,- Euro. Ich denke, damit ist alles gesagt…"
Jetzt war mein Widerspruchsgeist geweckt.
"Das ist ja alles sehr schön und gut, aber was kriege ich denn in dem Paket als Geschäftsreisender?"
"Nun, ein Zimmer."
"Das war zu erwarten. Ich meine, was unterscheidet das Angebot von der normalen Übernachtung? Frühstück?"
"Geht extra."
"Obstkorb auf dem Zimmer? Besonders großer Raum?"
"Nein. Es ist unser Standardzimmer. Wissen Sie was, ich kann Ihnen das Zimmer im Rahmen der Business-Freundschaftswochen für unglaubliche 150,- Euro geben!"
"Gibt es denn einen freien Parkplatz?"
"Natürlich. Gegen Aufpreis erhältlich. Was denken Sie über Skonto und Kleinbucherrabatt? 135,- Euro? "
Nun hat die Reise auf Geschäftskosten den Vorteil, dass man nicht selber mit seinem hart erarbeiteten Geld dafür gerade stehen muss. Auf der anderen Seite begann ich, das sportliche Element dieses Gesprächs zu sehen.
"Also, nehmen wir einmal an, ich würde jetzt auf einem Hotelportal als Privatperson nach einem Zimmer suchen…"
"115! 115,- Euro und Zahlung mit Kreditkarte am Empfang möglich! Buchen?" Die Stimme der Dame zitterte inzwischen.
"Wenn ich jetzt auf dem Portal nachschauen würde, fände ich da als Privatperson nicht ein Sonderangebot mit Frühstück? Im gleichen Zimmer…?"
"100 Euro? Business? Paket? Inklusive Frühstück!"
"Ich weiß nicht…"
Die Stimme am anderen Ende der Leitung begann zu schluchzen.
"Ist gut. Ich gebe Ihnen die Übernachtung in unserem Privatpersonenüberraschungspaket zu unserem aktuellen Sonderpreis: 75,- Euro inklusive Frühstück, Mineralwasser auf dem Zimmer, freier Cocktail an der Bar, freie Tickets für die Verkehrsbetriebe sowie der 50% Gutschein für alle Geschäfte im Umkreis von 1 km um das Hotel. Sind Sie jetzt zufrieden?"
Ich dachte noch einmal darüber nach."
"Ja, eigentlich schon. Ich nehme das Zimmer. Aber verraten Sie mir doch bitte eins: Warum ist denn dann das Business-Paket so teuer?"
"Na, wie sollten wir sonst die günstigen Preise für die Übernachtungen von Privatpersonen finanzieren können??"
Der Beitrag wurde am Freitag, 10. Mai 2013 veröffentlicht und wurde unter dem Topic Satiren - initiativ abgelegt.
'Wie man sich bettet - Satire aus "initiativ" 1/2013'

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