Tausende von Büchern in meinem Bücherschrank - aber manche lohnen sich, einfach noch einmal gelesen zu werden. Jeden Tag ein neuer Vorschlag für ungewöhnliche Lesestunden - Ein wildes Sammelsurium des geschriebenen Wortes.
Dieses mal ein eine englische Krimireihe, seit 1972. Hier: 2002:

Colin Dexter: Der schweigende Welt des Nicholas Quinn

Meine Wertung: Wertung: 5 von 5 Sternen

In Krimis geht es um existentielle, letzte Fragen: Tod, Schicksaal, Recht & Gerechtigkeit. Gut und Böse. Und die Verbrechensjäger müssen daher ganz besondere Personen sein. Immer auf der Suche nach der Gerechtigkeit, der Wahrheit. Vielleicht projezieren daher Krimi-Autoren in ihre Hauptdarsteller gerne existentielle Befindlichkeiten, wie sie von der Volksseele als typisch erachtet werden. Schwedische Kommissare (Kommissar Wallander!) sind irgendwie immer schwermütig, depressiv, verzweifelnd an der menschlichen Ungerechtigkeit. Norwegische Kommissare sind von der Einsamkeit und Wucht der Natur geprägt, isländische Kommissare kämpfen immer irgendwie damit, dass die isländischen Frauen die Hosen anhaben, und dänische Polizisten sind trendy, modern, technikbegeistert, liberal.
Der Engländer scheint einen eigenen Typ von Inspektor als Vorbild zu sehen: Skuril, hartnäckig, belesen, gebildet, scharfsinnig, etwas weltfremd.
Und so ist auch Colin Dexters erfolgreiche Krimireihe um den in Oxford im Universitätsmilieu ermittelnden Inspector Morse angelegt. Ein würdiger Nachfolger von Sherlock Holmes, aber seine Umgebung und seine Assistenten zum Wahnsinn treibend. Er löst jeden Morgen zum Frühstück das Kreuzworträtsel der Times (was beeindruckend ist. Bin persönlich froh, wenn ich überhaupt mal etwas davon ausfüllen kann). Gelöst werden die Fälle durch Wissen und geistiges Kombinieren.
Ein wunderschönes Meisterstück ist "die schweigende Welt des Nicholas Quinn". Ein Mord, der wie ein Kammerstück präsentiert wird: Eine Karte von Räumen, eine Liste von Verdächtigen, und der verzweifelte Versuch, einen Zusammenhang herzustellen.
Immer neue Theorien stellt Morse auf, um immer wieder in eine Sackgasse zu geraten und neu beginnen zu müssen.
Natürlich löst der Kommissar den Fall (und sogar der deutsche Titel hat eine Bedeutung für die Lösung!), und es hat sich dabei für den leser wirklich gelohnt.

13 Romane und jede Menge Kurzgeschichten gibt es meines Wissens nach, und sie sind des Lesens wirklich wert.

Übrigens: Die immer wieder im ZDF Sonntags Abends gezeigten Inspector Lewis-Krimis, die im Oxforder Milieu spielen und im Abspann als "nach Motiven der Inspector Morse Romane" bezeichnet werden, haben außer dem Ort auch gar nichts mit den Romanen zu tun. Frechheit. Es gab eine eigene britische Serie in den Achtzigern, von denen ich aber nicht weiß, ob sie je im deutschen Fernsehen gelaufen ist.
Der Beitrag wurde am Donnerstag, 5. Mai 2011 veröffentlicht und wurde unter dem Topic 100 Buecher abgelegt.
'100 Books ~ Tag 89: Colin Dexter - Die schweigende Welt des Nicholas Quinn: Ein Chief Inspector Morse Roman'

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