Tausende von Büchern in meinem Bücherschrank - aber manche lohnen sich, einfach noch einmal gelesen zu werden. Jeden Tag ein neuer Vorschlag für ungewöhnliche Lesestunden - Ein wildes Sammelsurium des geschriebenen Wortes.
Dieses mal eine Krimireihe von 1991-2010:
Henning Mankell: Kommissar Wallander
Meine Wertung:
Es ist selten, dass ein Roman, bzw. in diesem Fall eine ganze Krimireihe mit insgesamt 10 Bänden um den schwedischen Kommissar Wallander, einen solchen Hype auslöst, wie es dem in Afrika lebenden schwedischen Autor Henning Mankell gelungen ist.
Schweden Fans mit einem Elch auf dem Auto wie Krimileser sind sich in ihrer Begeisterung für die Romane um die Titelfigur einig.
Waren in den 70er Jahren die "sozialkritischen" Krimis von Maj Sjöwall und Per Wahlöö aus den gleichen Gründen en vogue, aus denen ich sie nicht mag (eine geradezu aufdringliche ausschließliche Fixierung auf die gesellschaftspolitischen Gründe des Phänomens Verbrechen), gestaltete Henning Mankell seinen Kommissar Wallander nach dem Bild des Romanfigur des Martin Beck in diesen Klassikern.
Die Romane sind auf jeden Fall lesenswert und ein Muss, insbesondere für Krimileser.
Bei aller Begeisterung für die Bücher möchte ich aber auch ein paar Schwächen der Romane nicht verschweigen, besonders deswegen, weil sie in den Jubelliedern immer etwas untergehen.
Die schwedische Volksseele ist sicherlich eine nachdenkliche - muss wohl so sein, wenn insbesondere im Norden in den Wintermonaten die Sonne sich kaum die Mühe macht, überhaupt vernünftig über den Horizont zu schauen. Da kann man schon eine Tendenz zur Depression bekommen. Was aber dem Kommissar Wallander im Laufe der Bände alles auf die Seele schlägt (Scheidung, Liebesprobleme, revoltierende Tochter, Alkoholprobleme, Diabetes, Übergewicht, Probleme mit Kollegen und Vorgesetzten, ein Verzweifeln an der Menschheit im Allgemeinen etc), reicht in jedem anderen Land der Welt für mindestens einen schnellen Suizid. Hier leidet der Held still vor sich hin, und löst trotzdem seine Fälle halbwegs befriedigend. Nun ja.
Stehen auch aufdringliche gesellschaftspolitische Statements bei Mankell nicht demonstrativ im Vordergrund, irrlichtert aber durch seine Romane eine Angst vor rechter, faschistischer und rassistischer Unterwanderung, die irgendwie nicht so recht zur feinen Abgewogenheit der Romane passen will.
Ich will nicht mißverstanden werden: Rechte Gewalt und Umtriebe sind genauso zu bekämpfen, wie Terror von wo auch immer her. Aber hier blitzt eine Sichtweise auf die schwedische Gesellschaft durch, die nicht in allem die schwedische Realität abbildet.
Wer sich einige schwedische Vororte (in die sich der Tourist eher selten verirrt) genauer ansieht, weiß, dass auch einige der Integrationskonzepte Schwedens grandios gescheitert sind.
Und ja - Schweden hat hier die gleichen realen Probleme, wie sie sich in Deutschlands Großstädten oder in Frankreichs Banlieues etabliert haben: Gegengesellschaften, die nach Regeln leben, die wir den Einheimischen niemals durchgehen lassen würden.
Und die Folgen dieses Clash der Zivilisationen scheint eher ganz banales menschliches Fehlverhalten zu sein - und nicht clever organisiertes Nazitum, von den besseren Schichten gesteuert und geleitet, wie in Wallanders Romanen suggeriert. Vielleicht ist diese Fixiertheit aber auch eine Folge der schwedischen Schizophrenie der Sechziger und Siebziger: Olof Palmes weltweites Engagement für den demokratischen Sozialismus, Bündnisfreiheit und Auftritt gegen die USA - und die im geheimen mit der NATO unterschriebenen Verträge, wie im Falle eines Angriffs durch die Sowjetunion Schweden von der NATO mitverteidigt werden solle.
Vielleicht fehlt aber Mankell auch ganz banal der aktuelle Bezug zum schwedischen Durchschnittsbürger, nachdem er seit Jahrzehnten gar nicht mehr in Schweden lebt.
Schade finde ich es auch, dass Mankell sich so wenig Mühe gibt, die so detaillierten Beschreibungen in seinen Romanen mit der Geografie in Einklang zu bringen. So haben Straßen und deren Verläufe in seinen Romanen nur wenig mit der Realität zu tun: Er macht sich erst gar nicht die Mühe, hier irgendeinen aktuellen Bezug herzustellen.
Was die Fremdenverkehrsmanager in den verschiedenen schwedischen Städten wohl zur Verzweiflung treiben dürfte - und was den Fremdenführer im schwedischen Ystad uns armen Touristen mehrmals nahebringen musste.
Und jetzt genug gemeckert. Denn all das ist sicherlich auch ein Teil der Faszination dieser Krimis: Eine Hauptfigur, die so unheldenhaft wie Du und Ich ist, und ein Autor, der sich moralisch engagiert und klar plaziert.
Auf jeden Fall: Lesen!
Dieses mal eine Krimireihe von 1991-2010:
Henning Mankell: Kommissar Wallander
Meine Wertung:
Es ist selten, dass ein Roman, bzw. in diesem Fall eine ganze Krimireihe mit insgesamt 10 Bänden um den schwedischen Kommissar Wallander, einen solchen Hype auslöst, wie es dem in Afrika lebenden schwedischen Autor Henning Mankell gelungen ist.
Schweden Fans mit einem Elch auf dem Auto wie Krimileser sind sich in ihrer Begeisterung für die Romane um die Titelfigur einig.
Waren in den 70er Jahren die "sozialkritischen" Krimis von Maj Sjöwall und Per Wahlöö aus den gleichen Gründen en vogue, aus denen ich sie nicht mag (eine geradezu aufdringliche ausschließliche Fixierung auf die gesellschaftspolitischen Gründe des Phänomens Verbrechen), gestaltete Henning Mankell seinen Kommissar Wallander nach dem Bild des Romanfigur des Martin Beck in diesen Klassikern.
Die Romane sind auf jeden Fall lesenswert und ein Muss, insbesondere für Krimileser.
Bei aller Begeisterung für die Bücher möchte ich aber auch ein paar Schwächen der Romane nicht verschweigen, besonders deswegen, weil sie in den Jubelliedern immer etwas untergehen.
Die schwedische Volksseele ist sicherlich eine nachdenkliche - muss wohl so sein, wenn insbesondere im Norden in den Wintermonaten die Sonne sich kaum die Mühe macht, überhaupt vernünftig über den Horizont zu schauen. Da kann man schon eine Tendenz zur Depression bekommen. Was aber dem Kommissar Wallander im Laufe der Bände alles auf die Seele schlägt (Scheidung, Liebesprobleme, revoltierende Tochter, Alkoholprobleme, Diabetes, Übergewicht, Probleme mit Kollegen und Vorgesetzten, ein Verzweifeln an der Menschheit im Allgemeinen etc), reicht in jedem anderen Land der Welt für mindestens einen schnellen Suizid. Hier leidet der Held still vor sich hin, und löst trotzdem seine Fälle halbwegs befriedigend. Nun ja.
Stehen auch aufdringliche gesellschaftspolitische Statements bei Mankell nicht demonstrativ im Vordergrund, irrlichtert aber durch seine Romane eine Angst vor rechter, faschistischer und rassistischer Unterwanderung, die irgendwie nicht so recht zur feinen Abgewogenheit der Romane passen will.
Ich will nicht mißverstanden werden: Rechte Gewalt und Umtriebe sind genauso zu bekämpfen, wie Terror von wo auch immer her. Aber hier blitzt eine Sichtweise auf die schwedische Gesellschaft durch, die nicht in allem die schwedische Realität abbildet.
Wer sich einige schwedische Vororte (in die sich der Tourist eher selten verirrt) genauer ansieht, weiß, dass auch einige der Integrationskonzepte Schwedens grandios gescheitert sind.
Und ja - Schweden hat hier die gleichen realen Probleme, wie sie sich in Deutschlands Großstädten oder in Frankreichs Banlieues etabliert haben: Gegengesellschaften, die nach Regeln leben, die wir den Einheimischen niemals durchgehen lassen würden.
Und die Folgen dieses Clash der Zivilisationen scheint eher ganz banales menschliches Fehlverhalten zu sein - und nicht clever organisiertes Nazitum, von den besseren Schichten gesteuert und geleitet, wie in Wallanders Romanen suggeriert. Vielleicht ist diese Fixiertheit aber auch eine Folge der schwedischen Schizophrenie der Sechziger und Siebziger: Olof Palmes weltweites Engagement für den demokratischen Sozialismus, Bündnisfreiheit und Auftritt gegen die USA - und die im geheimen mit der NATO unterschriebenen Verträge, wie im Falle eines Angriffs durch die Sowjetunion Schweden von der NATO mitverteidigt werden solle.
Vielleicht fehlt aber Mankell auch ganz banal der aktuelle Bezug zum schwedischen Durchschnittsbürger, nachdem er seit Jahrzehnten gar nicht mehr in Schweden lebt.
Schade finde ich es auch, dass Mankell sich so wenig Mühe gibt, die so detaillierten Beschreibungen in seinen Romanen mit der Geografie in Einklang zu bringen. So haben Straßen und deren Verläufe in seinen Romanen nur wenig mit der Realität zu tun: Er macht sich erst gar nicht die Mühe, hier irgendeinen aktuellen Bezug herzustellen.
Was die Fremdenverkehrsmanager in den verschiedenen schwedischen Städten wohl zur Verzweiflung treiben dürfte - und was den Fremdenführer im schwedischen Ystad uns armen Touristen mehrmals nahebringen musste.
Und jetzt genug gemeckert. Denn all das ist sicherlich auch ein Teil der Faszination dieser Krimis: Eine Hauptfigur, die so unheldenhaft wie Du und Ich ist, und ein Autor, der sich moralisch engagiert und klar plaziert.
Auf jeden Fall: Lesen!
Der Beitrag wurde am Montag, 2. Mai 2011 veröffentlicht und wurde unter dem Topic 100 Buecher abgelegt.
'100 Books ~ Tag 86: Henning Mankell - Kommissar Wallander'
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