Michael Swanwick - In Zeiten der Flut (engl: Stations of the Tide)



Und wieder ein SF-Klassiker abgearbeitet. Michael Swanwicks "Stations of the Tide" (dtsch.: In Zeiten der Flut) ist 1991 erschienen, NEBULA-Award Winner 1992 und nominiert für alle anderen großen SF-Buchpreise.

Meine Wertung: Wertung: 5 von 5 Sternen

Ich habe den Roman damals verpasst, und heutzutage kann man ihn in deutsch nur gebraucht bekommen. In Englisch gibt es eine aktuelle Ausgabe für 14 Euro, eine kindle-Version für gut 10 Euro.

Doch gleich eine Warnung vorneweg: In Englisch ist das Buch nicht einfach. Schon klar, warum es damals den Preis der Autorenschaft bekommen hat: Dieses Buch ist nicht nur Handlung, sondern auch Literatur. Wieviel davon im deutschen ankommt, vermag ich nicht genau zu sagen - sprachlich ist es mit einer Vielzahl von Begrifflichkeiten und Wendungen gespickt, die nicht von ungefähr ein Feeling der (alten) Südstaaten vermitteln, die aber das Lesen nicht einfacher und schneller machen (und bei mir diverser Staus auf der Schiersteiner Brücke bedurften...).

Mit 260 Seiten nicht wahnsinnig dick, spielt es in einer sehr fernen Zukunft auf dem Planeten Miranda, einem einstmals technologisch aufstrebenden Planeten, auf dem undurchdachter technischer Fortschritt eine humanitäre Tragödie verursachte, und dessen Bewohner vom menschlichen Imperium mit einem Importbann modernster Technik belegt wurden. Kurz bevor der Flutzyklus auf diesem Planeten den größten Teil der Welt wieder für Jahrzehnte überschwemmt, wird "der Bürokrat" auf den Planeten geschickt, um nach einem Renegaten Ausschau zu halten, der offensichtlich verbotene Technologie benutzt und seine eigenen Pläne mit dem Planeten und seinen Bewohner hat.
Das Buch ist ein wildes Sammelsurium von Ideen und Gedanken: Eine Fauna und Flora, die den Flutzyklus durch genetische Gestaltwandlung überlebt, ein Imperium, in dem man nicht reist, sondern Avatare sendet. Manchmal auch Surrogate, persönliche Klone mit eigenem Bewußtsein, deren Erlebnisse man in sein eigenes Bewußtsein per "Anruf" integriert, und die im Anschluss wie selbstverständlich wieder zerstört werden. Die Grenzen der Freiheit werden in der Handlung diskutiert, auch die Freiheit des technischen Fortschritts. Eine Welt, in der die Außenweltler ihre "Brieftasche" dabei haben, ein seltsames multifunktionales Konstrukt mit eigenem Bewußtsein, dass als Gestaltwandler, Materieumwandler, Nachrichtenübermittler oder KI dienen kann. Dazu viele Gedanken über Mensch-sein, Bewußtsein, Moral und Grenzen.
Die Beschreibung wird dem Buch nicht wirklich gerecht - man sollte es gelesen haben.

Eine Anmerkung noch am Rande: Ein Buch so voller grenzenloser Ideen - und doch eine seltsame Fixierung auf das Fernsehen als das universelle Kommunikationsmedium in dieser grenzenlosen Zukunft. Übrigens ausdrücklich nicht 3D - das würde den Leuten nicht gefallen.
Ein merkwürdiger Anachronismus in einem ansonsten hervorragenden Buch.
Der Beitrag wurde am Donnerstag, 22. November 2012 veröffentlicht und wurde unter dem Topic Science Fiction abgelegt.
'SF-Klassiker: Michael Swanwick - In Zeiten der Flut'

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